EU-Kommission:Bei den Deutschen traut sie sich's

Brüssel geht in der Abgasaffäre gegen Berlin vor. Aber nicht gegen Paris und Rom.

Von Alexander Mühlauer

Vielleicht klingt es banal, aber man muss leider daran erinnern: Stellt die EU-Kommission fest, dass ein Mitgliedstaat die europäischen Verträge verletzt, hat sie dagegen vorzugehen. Das ist beim Dieselskandal nicht anders als bei Verstößen gegen den Stabilitätspakt. Insofern ist es natürlich richtig, dass Behördenchef Jean-Claude Juncker nun in der VW-Affäre ein Verfahren gegen Deutschland und weitere sechs Staaten eingeleitet hat. Die Frage ist nur: Warum bloß gegen diese Länder?

Junckers Industriekommissarin hatte doch festgestellt, dass die Abgas-Untersuchungsberichte aus Frankreich und Italien ebenso lückenhaft seien wie jene aus Deutschland und Großbritannien. So hat sie es jedenfalls vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments dargestellt.

Nun kann es natürlich sein, dass die Regierungen in Rom und Paris diese Lücken vollständig schließen konnten. Es kann aber auch sein, dass Juncker erneut zeigen wollte, was es heißt, eine "politische" Kommission zu führen. Seit er im Amt ist, werden Entscheidungen auch danach gefällt, was jeweils gerade opportun ist. In Frankreich läuft zurzeit der Präsidentschaftswahlkampf, und da will Juncker den Rechtspopulisten wohl sicher keinen Anlass für Brüssel-Bashing liefern. Auch gegenüber dem krisengeplagten Italien agiert er auffallend defensiv. Nicht nur im Abgasskandal.

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