EU-Gipfel in Brüssel:200 Milliarden für die Konjunktur

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich in Brüssel auf ein Konjunkturpaket im Umfang von etwa 200 Milliarden Euro geeinigt. Auch bei den Themen Klimaschutz und Lissabon-Vertrag wurden Lösungen gefunden.

Franziska Brüning, Brüssel

Die Regierungschefs der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben auf ihrem Gipfel in Brüssel bei den Themen Konjunkturprogramm und Lissabon-Vertrag eine Einigung erzielt. Nach zähen nächtlichen Verhandlungen verabschiedeten sie am Vormittag beide Pakete.

Merkel, AFP

Konnte erste Erfolge verkünden: Angela Merkel

(Foto: Foto: AFP)

Der Europäische Rat wird ein Konjunkturprogramm in der Höhe von ungefähr 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union auf den Weg bringen, um die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise abzudämpfen und den europäischen Arbeitsmarkt wieder anzukurbeln. Das entspricht einer Summe von etwa 200 Milliarden Euro. Der Großteil des Programms setzt sich aus den schon beschlossenen Konjunkturanreizen der Mitgliedsländer zusammen.

Beim Thema Steuersenkung konnten sich die Regierungschefs allerdings auf keine generelle Lösung für die Europäische Union einigen. Es wird nun jedem EU-Land selbst überlassen bleiben, ob es die Mehrwertsteuer für Waren und Dienstleistungen senkt, die schon heute einem geringeren Steuersatz unterliegen. Mit seiner Forderung, eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer zu empfehlen, konnte sich der britische Premier Gordon Brown nicht durchsetzen.

Auch der Versuch, den zeitlichen Fahrplan für den Reform-Vertrag der Europäischen Union, den sogenannten Lissabon-Vertrag, zu retten, ist nicht an den Bedingungen gescheitert, welche die Iren gestellt haben. Die irische Regierung hat unter anderem eine Garantie gefordert, auf alle Zeiten einen Kommissar in Brüssel stellen zu dürfen - und sich durchgesetzt.

Auch soll den Iren zugesichert werden, dass durch die EU vom Grundsatz her das Abtreibungsverbot des Landes oder seine militärische Neutralität nicht aufgehoben werden kann. Irland sagt im Gegenzug eine Ratifizierung des Vertrags bis Ende Oktober 2009 zu und muss zuvor dafür ein zweites Referendum abhalten.

Der Lissabon-Vertrag sah ursprünglich vor, dass von 2014 in einem Rotationsverfahren nur noch zwei Drittel der EU-Länder mit einem Kommissar in Brüssel vertreten sind. Vor allem die Benelux-Staaten sahen die irische Forderung kritisch. Sie fürchten, dass die Arbeit der Europäischen Kommission zukünftig erschwert wird, wenn alle EU-Länder einen Kommissar stellen dürfen.

Ringen um Lösung bei Klimafragen

Wie EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy am Mittag mitteilte, wurde inzwischen auch bei den Klimaschutzgesetzen eine einstimmige Einigung erzielt. Die Europäische Union hält an dem Ziel fest, den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid bis 2020 um ein Fünftel zu senken. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die EU den osteuropäischen Ländern und der Industrie finanziell stark entgegenkommen würde.

Es blieb bis zuletzt strittig, wie diese Unterstützung aussehen soll. Zur Debatte standen Ausnahmeregelungen für die osteuropäischen Kohlekraftwerke oder die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln aus dem Verkauf von Verschmutzungsrechten, den sogenannten Zertifikaten. Die energieintensiven Industrien durften europaweit auf längere Übergangsfristen bis 2020 hoffen.

Am Rande der drei großen Themen auf dem EU-Gipfel konnte auch in der Europäischen Sicherheitspolitik eine Einigung erzielt werden. Die EU übernimmt einen neuen Anlauf, eine 60.000 Mann starke militärische Eingreiftruppe aufzubauen, die weltweit innerhalb von 60 Tagen einsetzbar sein soll. Dieses Ziel war bereits Ende 1999 in Helsinki beschlossen und seither mehrfach bekräftigt worden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: