EU-Gipfel:Auf dem EU-Gipfel herrscht Frust über die Flüchtlingskrise

EU Summit in Brussels

Martin Schulz, Werner Faymann, Angela Merkel und Ahmed Davutoğlu (von links nach rechts) bei ihrem Treffen unmittelbar vor dem EU-Gipfel in Brüssel.

(Foto: dpa)

Die Bilanz ist ernüchternd: Bisher sind nur zwei von elf Registrierungs-Hotspots in Betrieb. Und die Verteilung der Asylsuchenden unter den Mitgliedsländern kommt nicht voran.

Von Daniel Brössler und Thomas Kirchner, Brüssel

Die Europäische Union beklagt das schleppende Tempo bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel legte die luxemburgische Ratspräsidentschaft eine ernüchternde Bilanz der bisherigen Maßnahmen vor. "Die Umsetzung schreitet in einigen Gebieten zügig voran, aber beträchtliche Lücken bleiben", heißt es in dem Bericht. So seien bisher nur 184 von den vereinbarten 160 000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland in andere EU-Ländern weiterverteilt worden. Von elf geplanten Hotspots, in denen Flüchtlinge registriert werden sollen, seien nur zwei in Betrieb. Es müsse jetzt schneller vorangehen, heißt es auch im Entwurf der Gipfel-Erklärung.

Zum Schutz der Außengrenzen gebe es keine Alternative, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er begrüße daher mit "großer Befriedigung" den Vorschlag der EU-Kommission zum Aufbau eines Europäischen Grenzschutzes. Tusk verwies auf Kontroversen um mögliche Eingriffe in die Souveränitätsrechte betroffener Staaten, sagte aber auch: "Wenn wir diesen Vorschlag der Kommission ablehnen, fürchte ich, dass wir eine andere, nicht weniger schmerzhafte Lösung finden müssen." Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, Deutschland unterstütze die Vorschläge der Kommission "sehr stark" und setze auf zügige Beratungen.

Schulz will weniger Geld für Aufnahmeunwillige

Ungelöst blieb der Streit über die EU-weite Verteilung von Flüchtlingen. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann drohte mit finanziellen Konsequenzen für osteuropäische EU-Staaten, die sich der Verteilung entziehen. Wer mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhalte, als er einzahle, solle sich nicht "wegducken".

Unterstützung erhielt der Sozialdemokrat von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). "Das ist keine Drohung, sondern eine simple Feststellung", sagte er. "Sie sollen uns nicht erpressen. Das ist kein europäisches Benehmen", kritisierte indes der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. "Einige linksgerichtete Regierungschefs glauben, dass der liebe Gott und das Geld dasselbe sind und meinen, dass sie das als Mittel gegen tapfere Länder wie Ungarn verwenden können, die ihre Meinung sagen."

Türkei führt Visumspflicht für Syrer ein

Vor dem Gipfel trafen sich Vertreter von Staaten, die bereit sind, der Türkei eine substantielle Zahl von Flüchtlingen direkt abzunehmen, mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmed Davutoğlu. Im Gegenzug soll die Türkei dafür sorgen, dass Flüchtlinge nicht mehr ungehindert Richtung EU ziehen können. Zu der Gruppe zählen elf Länder, darunter Deutschland. Davutoğlu teilte mit, die Türkei werde künftig von Syrern ein Visum verlangen, und zwar vom 8. Januar an. Dies werde die Einreisen verringern.

Unklar ist, inwieweit die jüngste Vereinbarung mit Ankara schon Früchte trägt. Nach Angaben der EU-Kommission kommen täglich nur noch 2000 Flüchtlinge in Griechenland an, nach fast 7000 im September und Oktober. Der Bericht der Ratspräsidentschaft hingegen spricht nur von einem "leichten Rückgang" auf 4000 Personen und deutet an, dass dies auch am schlechteren Wetter liegen könnte.

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