EU-Flüchtlingspolitik:EU will weniger Flüchtlinge aufnehmen

EU-Flüchtlingspolitik: Ein Fall für die Eingreiftruppe von Frontex? Eine Gruppe von Migranten erreicht mit einem Schlauchboot auf der griechischen Insel Lesbos, 14. Oktober 2015.

Ein Fall für die Eingreiftruppe von Frontex? Eine Gruppe von Migranten erreicht mit einem Schlauchboot auf der griechischen Insel Lesbos, 14. Oktober 2015.

(Foto: AFP)
  • Bei einem Gipfeltreffen vereinbaren die Staats- und Regierungschefs der EU Schritte, um die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu senken.
  • Dazu gehören schnelle Eingreifteams und mehr Geld für die Grenzschutzagentur Frontex. Insgesamt fehlen dafür aber 2,2 Milliarden Euro.
  • EU-Ratspräsident Donald Tusk spricht sich für legale Wege der Einwanderung aus.
  • Angela Merkel ermahnt die Mitgliedsländer zur Solidarität bei der Bewältigung der derzeitigen Zuwanderungssituation.

Von Daniel Brössler, Brüssel, und Nico Fried, Berlin

Die Europäische Union will die Zahl der in der EU ankommenden Flüchtlinge mit Hilfe der Türkei deutlich senken. Bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel bekannten sich die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zu einer "entschlossenen langfristigen Anstrengung". Erreichen will die EU das Ziel nicht nur durch einen verbesserten Schutz der Außengrenze, den Aufbau von Registrierungszentren, sondern auch durch einen Deal mit der Türkei, aus der bisher viele Flüchtlinge nach Europa weiterreisen.

Es gehe um Fragen, die den Menschen "auf der Seele brennen, weil wir natürlich im Augenblick einen sehr ungeordneten Zustand haben und deshalb mehr Ordnung und mehr Steuerung brauchen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Beginn der Beratungen, die sich bis in die Nacht hinzogen. Ziel sei es, illegale Einwanderung zu verhindern und "legale Migrationskanäle" zu schaffen, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Es fehlt "eine beeindruckende Geldmenge"

Konkret soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex besser ausgestattet und in die Lage versetzt werden, überforderten Mitgliedstaaten mit schnellen Eingreifteams auszuhelfen. Als besonders dringlich wird dies an der Grenze Griechenlands zur Türkei gesehen. Mit Hilfe der Registrierungszentren, "Hotspots" genannt, sollen Flüchtlinge mit Schutzanspruch von solchen ohne getrennt werden. Wer keine Aussicht auf Asyl hat, soll schnell abgeschoben werden.

Am Abend berieten die Staats-und Regierungschefs darüber, wie die Türkei dazu bewegt werden kann, den Flüchtlingsstrom zu bremsen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verlangt unter anderem Visa-Erleichterungen, die Anerkennung als sicheres Herkunftsland, Fortschritte im Beitrittsprozess zur EU sowie finanzielle Hilfe von bis zu drei Milliarden Euro. Die Forderung wurde in Brüssel als deutlich überhöht eingestuft.

Gespräche von Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans und Erweiterungskommissar Johannes Hahn in Ankara sollen aber eine spürbare Annäherung gebracht haben. Ungelöst blieb der Streit über einen dauerhaften Mechanismus zur EU-weiten Verteilung von Flüchtlingen. Auch auf eine indirekte Erwähnung im Gipfelbeschluss konnten sich die Staats- und Regierungschefs zunächst nicht einigen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte, es sei "vordringlich", dass die Mitgliedstaaten ihre Versprechen zur Entschärfung der Flüchtlingskrise einlösten. "Insgesamt fehlt uns noch eine beeindruckende Geldmenge. Ausstehende 2,3 Milliarden Euro müssten verbindlich zugesagt werden.

Merkel spricht von historischer Bewährungsprobe

Merkel hatte am Morgen die mangelnde Unterstützung vieler EU-Partner kritisiert. Als Beispiel nannte sie die Sicherung der Außengrenzen, die nicht funktioniere. Sie erwarte, "dass alle dazu ihren Beitrag leisten", sagte Merkel vor dem Bundestag. Es sei nicht hinnehmbar, so die Kanzlerin mit Blick auf die Meergrenze zwischen der Türkei und Griechenland, "dass die schmale Rinne zwischen zwei Nato-Partnern derzeit von Schleppern beherrscht wird".

Am Donnerstag beschlossen die Abgeordneten darüber hinaus eine Verschärfung des deutschen Asylrechts.

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