EU:Ein nötiger Schritt

Übernationale Wahllisten würden den europäischen Parlamentarismus den Menschen nahebringen.

Von Thomas Kirchner

Das Europäische Parlament ist ein starkes Parlament. Verschiedene Reformen haben die Macht der Abgeordneten immer weiter vergrößert. Bei nahezu allen Themen, über die in Europa entschieden wird - und das sind eine Menge, die EU wirkt in die meisten Lebensbereiche hinein -, redet diese kraftvolle Kammer inzwischen mit, auf Augenhöhe mit den Regierungen der EU-Staaten.

In der Wahrnehmung vieler Bürger ist das Europäische Parlament aber schwach. Weil es so weit weg ist, weil sie die Menschen und Parteien kaum kennen, die in Brüssel und Straßburg über die Qualität ihrer Luft und ihrer Lebensmittel oder über die Sicherheit ihrer Daten entscheiden. Auch deshalb nahmen 2014 nur noch weniger als die Hälfte der Berechtigten an der Europawahl teil.

Emotional wird man die Bürger auf Dauer nur durch echten europäischen Parlamentarismus ansprechen können: ein Gegenüber von Regierung und Opposition, klare Alternativen. Dann wäre hoffentlich auch Schluss mit der de facto seit Jahrzehnten existierenden großen Koalition der Mitte. Europäische, übernationale Wahllisten wären ein kleiner, aber nötiger Schritt in diese Richtung. Erst wenn die Parteien, die in und für Europa Politik machen, auch auf dem Wahlzettel stehen, und wenn sie für das werben können, was sie erreichen wollen, würde ein wesentlicher Unterschied erkennbar: zwischen dem Nationalen und dem Europäischen.

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