EU:Den Gründervätern zuliebe

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Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve.

(Foto: Olivier Hoslet/dpa)

Frankreich will, dass die EU Fluggast-Daten künftig ein Jahr lang speichert.

Von Daniel Brössler und Thomas Kirchner, Brüssel

Nach den Anschlägen von Paris wollen die EU-Staaten das geplante Register für Daten von Flugzeug-Passagieren ausweiten. Es soll künftig auch für innereuropäische Flüge gelten und über Straftaten informieren, die in der EU verübt wurden, forderten die EU-Innenminister bei einem Sondertreffen am Freitag am Brüssel. Frankreich überraschte die EU-Partner zudem mit dem Wunsch, die Daten künftig mindestens ein Jahr lang zu speichern. Das Europäische Parlament will bisher nur eine Speicherungsdauer von einem Monat gestatten. Die Bundesregierung signalisierte Zustimmung zu dem Pariser Vorhaben.

Die europäischen Innen- und Justizminister berieten auf Bitten Frankreichs über eine Reaktion auf die Terrorattacken. "Wir müssen jetzt schnell vorgehen und entschlossen", sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve. Europa müsse alles unternehmen, um die Terroristen zu bekämpfen, "das ist es seinen Völkern und seinen Gründervätern schuldig." Cazeneuve warnte das Europäische Parlament, die Einführung des Fluggastdatenregisters zu verzögern. "Kein französischer Bürger, kein europäischer Bürger würde es verstehen, wenn dieses unbedingt nötige Instrument behindert würde." Auf diese Weise könne sich Europa besser gegen Extremisten schützen, die aus den Kampfgebieten in Syrien und dem Irak heimkehrten, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. "Wir müssen wissen, wer nach Europa fliegt, wer nach Europa zurückkommt, damit wir reagieren können", sagte de Maizière. Fast jede Woche werde in Deutschland ein solcher Reisender festgenommen. Vor allem grüne und sozialdemokratische Abgeordnete im Europäischen Parlament lehnen die Fluggastdatenspeicherung ab. Sie machen geltend, dass damit massenhaft Daten Unschuldiger gespeichert würden. Aus dem Parlament hieß es, die Verhandlungen mit den EU-Staaten könnten bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Die Kontrollen an den Außengrenzen des Schengen-Raums sollen verschärft werden. Künftig will man auch bei EU-Bürger "systematisch" prüfen, ob sie eine Gefahr für die innere Sicherheit sein könnten. Auch biometrische Daten sollen erfasst und in Datenbanken eingegeben werden. Die Minister forderten die EU-Kommission auf, bis zum Frühjahr Vorschläge für eine entsprechende Änderung der Schengen-Regeln vorzulegen, auch zu der Frage, wie sich die absehbar längeren Wartezeiten an den Grenzen durch technische Mittel verkürzen ließen. Bisher hatte die Kommission eine Änderung der Schengen-Regeln als unnötig dargestellt.

Härter will die EU künftig auch gegen Waffenschmuggler vorgehen. Die Kommission plant, die Waffenregister der einzelnen Staaten zu vernetzen und gemeinsame Regeln zur Kennzeichnung von Schusswaffen einzuführen. Einzelteile von Waffen sollen nicht mehr über das Internet bezogen werden können. Die EU-Staaten versprachen, Informationen der Sicherheitsbehörden besser zu teilen. Bisher geben nur fünf der 28 EU-Länder Daten an Europol weiter. Geplant ist auch eine Erweiterung des europäischen Strafregister-Informationssystems Ecris, das nun auch Angaben über Bürger aus Nicht-EU-Staaten enthalten soll.

Ein Mini-Schengen wird es vorerst wohl nicht geben. Die Niederlande hatten informell vorgeschlagen, eine Art Kerngebiet aus den Benelux-Ländern, Frankreich und Deutschland zu schaffen. Nach Ablehnung aus Paris und Berlin reagierten auch Vertreter östlicher EU-Staaten gereizt auf die Idee. Der tschechische Innenminister Milan Chovanec bezeichnete ihn als "mediale Science-Fiction". Ein solcher Vorschlag sei "dumm, unsinnig und unnötig".

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