EU:Bitcoins und antike Schätze

Die EU-Finanzminister diskutieren darüber, wie sich die Geldströme des Terrors trockenlegen lassen - und woher die versprochene Milliardenhilfe für die Türkei kommen soll.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Wenn sich Europas Finanzminister in diesem Jahr in Brüssel trafen, gab es immer ein Thema: Griechenland. An diesem Dienstag war es anders. Der Reformstau in Athen wurde bereits am Abend zuvor diskutiert. Nun sind die Kontrolleure der Geldgeber wieder dort und untersuchen, warum sich die Umsetzung so mancher Vereinbarung verzögert. In Brüssel jedenfalls ging es beim letzten Finanzminister-Rat in diesem Jahr um andere Themen, die Europa umtreiben.

Terrorfinanzierung

Nach den Anschlägen von Paris dringt die französische Regierung darauf, die Finanzkraft von Terror-Organisationen zu schwächen. "Das hat jetzt oberste Priorität. Jedes Land ist vom Terrorismus bedroht", sagte Frankreichs Finanzminister Michel Sapin. Die Pariser Regierung will Geldquellen internationaler Terrornetzwerke möglichst austrocknen. Sapin will dafür Finanzströme transparenter machen und Bankdaten umfassender austauschen. "Auch der illegale Handel mit Kunst und Antiquitäten ist eine wichtige Einnahmequelle für den Islamischen Staat", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Deshalb müsse man diese Felder im Blick haben. Ansonsten konzentriere sich die Arbeit auf Prepaid-Karten, mit denen man anonym Geld hin und her schieben könne. Auch digitale Währungen wie Bitcoins spielten eine Rolle in der Terrorfinanzierung, so Schäuble. "Die Zentralbanken warnen davor, und wir müssen tun, was wir tun können." Allein mit Luftangriffen auf Tankfahrzeuge in Syrien werde die Wahrscheinlichkeit, dass Terroristen in Europa an Kalaschnikows kämen, nicht gesenkt. Deshalb sei es wichtig, die Geldquellen zu finden. Bei diesen Bemühungen zeichnet sich bereits eine Datenschutzdebatte ab. Denn es ist ganz einfach so: Wer mehr über Bank-Transaktionen wissen will, muss auch mehr Daten sammeln. Am schnellsten soll jetzt das neue EU-Geldwäsche-Gesetz verabschiedet werden. Die Richtlinie war im Mai verabschiedet worden, sie soll nun nicht erst Ende Juni 2017 in Kraft treten. Künftig werden grundlegende Informationen zum Zahlenden und Zahlungsempfänger bei jeder Transaktion umgehend für die Behörden verfügbar sein.

Flüchtlingskrise

Drei Milliarden Euro hat die EU der Türkei versprochen, um die Flüchtlingskrise besser bewältigen zu können. Doch woher soll das Geld kommen? Um diese Frage wird es beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in der nächsten Woche gehen. Die Finanzminister sollten schon mal Vorarbeit leisten. Die Debatte der Ressortchefs ergab, dass alle Mitgliedstaaten bereit sind, Beiträge aus ihren nationalen Budgets beizusteuern. Aus dem Kreis der EU-Staaten kam der Wunsch, dass die Europäische Kommission mehr als die bisher geplanten 500 Millionen Euro zur Türkei-Hilfe schultert. Es gibt auch die Idee, dass Brüssel Mehreinnahmen bei Zöllen und bei der Mehrwertsteuer für die Hilfe einsetzt. Der Haushalt der EU wird teilweise mit Zolleinnahmen aus den Mitgliedsländern und einem Anteil an der Mehrwertsteuer finanziert. Die EU-Kommission schlug bisher vor, dass sie selbst 500 Millionen Euro der Flüchtlingshilfe trägt. Die restlichen 2,5 Milliarden Euro würden auf die 28 EU-Staaten entfallen. Wenn nach dem üblichen EU-Schlüssel verfahren wird, kommen auf Deutschland etwa 500 Millionen Euro zu.

Börsensteuer

Es ist ein Dauerstreit - und er ist noch nicht zu Ende. Zehn Euro-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, wollen angesichts noch immer ungeklärter Fragen bis zum Sommer weiter über die Einführung einer Börsensteuer verhandeln. Die Gespräche sollten bis Ende Juni 2016 fortgesetzt werden, hieß es in einer Erklärung der Finanzminister. Bisher hatten elf Staaten die Einführung der Finanztransaktionsteuer geplant. Estland sei aber ausgestiegen, sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling. Das Land behalte sich aber das Recht vor, an der Börsensteuer teilzunehmen, wenn ein Ergebnis vorliege. In Zukunft solle eine Arbeitsgruppe die Verhandlungen fortsetzen und Resultate erzielen, bevor sich die Minister wieder mit dem Thema beschäftigten. Die EU-Kommission soll zudem klären, mit welchen Einnahmen die Länder durch die Steuer rechnen könnten. Denn das ist ja die Frage: Rechnet sich die Abgabe überhaupt - oder sind die Verwaltungskosten höher als die erhofften Einnahmen?

Einlagensicherung

Glaubt man Bundesfinanzminister Schäuble, so wird die Debatte um eine gemeinsame Einlagensicherung für Sparguthaben in der EU noch lange dauern. Und das, sagte der Minister aus Berlin, sei allen Beteiligten klar. Er habe nicht die Absicht, der EU-Kommission, die auf eine schnelle Einigung dringt, Futter zu liefern. Aber man werde das schon hinkriegen - auch mit den Sparkassen und Volksbanken. "Die haben wir nie ganz ausgenommen. Und da werden wir eine Lösung finden", erklärte Schäuble. Die Einlagensicherung ist Teil der Bankenunion, die Steuerzahler und Staaten in der EU künftig besser vor Finanzkrisen schützen soll. Auf dem Weg dorthin pocht die Bundesregierung auf eine strikte Abfolge von Strukturmaßnahmen. Vorerst sichern die Euro-Staaten den Abwicklungsfonds für marode Geldhäuser selbst ab. Die Finanzminister einigten sich darauf, in einer Übergangsphase im Notfall nationale Kredite bereitzustellen. Mit dieser Brückenfinanzierung soll der Steuerzahler geschützt werden. Die Banken seien dann selbst dafür verantwortlich, mögliche Kredithilfen zurückzuzahlen.

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