EU-Beitritt der Türkei:Deine Meinung, meine Meinung - Basta!

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Neue Freunde für Außenminister Westerwelle: Der Streit um den EU-Beitritt der Türkei entzweit die Koalitionäre - dafür liegen Gelb und Grün auf einer Wellenlänge.

Nun streiten auch Union und FDP über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei. Nach heftigen Attacken der CSU konterte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Freitag mit den Worten, eine engere Anbindung der Türkei an die Europäische Union liege "in nationalem wohlverstandenen deutschen Interesse".

Sein Besuch in der Türkei hat Debatten ausgelöst: Bundesaußenminister Guido Westerwelle trägt einen Anstecker der deutsch-türkischen Freundschaft. (Foto: Foto: dpa)

Was die CSU aufführe, sei Innenpolitik. "Das hat mit Außenpolitik nichts zu tun", sagte der Vize-Kanzler am zweiten Tag seines Türkei-Besuchs in Istanbul. Unterstützung erhielt er vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, dem CDU-Politiker Ruprecht Polenz, sowie der Parteispitze der Grünen.

CSU bleibt unnachgiebig

Die CSU bekräftigte am Freitag ihre Ablehnung einer Vollmitgliedschaft der Türkei und zeigte sich zum Abschluss ihrer Winterklausur in Wildbad Kreuth unnachgiebig.

Einen Grund zum Einlenken gebe es nicht, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. "Das ist unsere Meinung, die wir haben. Wenn Herr Westerwelle eine andere hat, ist das auch sein Recht." Es gebe deshalb auch "keine Wogen zu glätten". Er betonte aber: "Das ist keine neue Position. Das ist immer die Position der CSU gewesen, die auch nicht überrascht."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte zuvor schon in der ARD nachgelegt: "Bei dieser Debatte muss es in erster Linie um die deutschen und die EU-Interessen gehen. Wir haben die Überzeugung, dass eine Vollmitgliedschaft der Türkei nicht möglich ist." Das müsse man der Türkei fairerweise sagen.

Polenz (CDU) nahm Westerwelle im Hamburger Abendblatt mit den Worten in Schutz, der Außenminister habe bei seinem Türkei-Besuch die deutsche Haltung zum EU-Beitritt des Landes auf der Basis des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und FDP erläutert.

Westerwelle hatte in Ankara auf den Koalitionsvertrag verwiesen, wonach die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei "ergebnisoffen" geführt würden. Der FDP-Chef fügte hinzu: "Wer Arbeitsplätze schaffen will, ist gut beraten, mit einem so aufstrebenden dynamischen Land wie der Türkei gut zusammenzuarbeiten."

Rückendeckung von ungewohnter Seite

Position für Westerwelle ergriff die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Zugleich ging sie mit der CSU hart ins Gericht. Der Außenminister habe in der Türkei "vernünftig und mit Weitblick agiert", sagte Roth in Berlin. Die Türkei brauche die Beitrittsperspektive für die EU. Der CSU sprach sie die außenpolitische Kompetenz ab.

"Der Versuch der CSU und ihres Generalsekretärs Dobrindt, dem eigenen Außenminister von Wildbad Kreuth aus in den Rücken zu fallen, zeigt, dass diese Partei nur noch Störfeuer kann und kein ernstzunehmender Faktor in der deutschen Außenpolitik mehr ist."

Ähnlich äußerte sich Roths Kollege Cem Özdemir. "Bayerische Provinzpolitiker dürfen nicht die deutsche Außenpolitik bestimmen", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Die CSU sollte europapolitische Fragen denen überlassen, die mehr davon verstehen und weniger Schaden anrichten." Er selbst glaube weiter fest an den Beitritt der Türkei, "allerdings steht die Entscheidung, ob und wann die Voraussetzungen erfüllt sind, weder heute noch morgen an".

Die bereits seit 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und Türkei kommen nur noch schleppend voran. Die CDU/CSU hatte schon früher gefordert, anstelle der Mitgliedschaft nur noch eine "privilegierte Partnerschaft" anzubieten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht sich dafür stark. Die spanische EU-Ratspräsidentschaft erklärte am Freitag, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorantreiben zu wollen.

© dpa/mati/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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