Ethikregeln der EU-Kommission:Oettinger wegen Flug in Privatjet eines Lobbyisten unter Druck

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Günther Oettinger steht zum zweiten Mal binnen weniger Wochen in der Kritik: Er soll im Flugzeug eines Lobbyisten mit nach Ungarn geflogen sein. (Foto: dpa)
  • Der EU-Kommissar für Digitales, Günther Oettinger, steht wegen eines Fluges im Privatjet eines kremlnahen Lobbyisten in der Kritik.
  • EU-Richtlinien zufolge ist die Annahme von Geschenken im Wert von mehr als 150 Euro verboten.
  • Oettingers Sprecherin führte die Entscheidung auf Terminprobleme zurück. Oettinger hätte sonst ein Abendessen mit dem ungarischen Präsidenten Orbán verpasst.

EU-Kommissar Günther Oettinger hat momentan keinen guten Lauf. Erst vor zwei Wochen stand er wegen seiner umstrittenen Äußerungen über "Schlitzaugen" und zur Homo-Ehe in der Kritik, nun muss er sich dafür rechtfertigen, womöglich ein Geschenk von einem Lobbyisten angenommen zu haben.

Oettingers Sprecherin räumte am Dienstagabend ein, dass der CDU-Politiker im Mai zu einem Treffen mit Ministerpräsident Viktor Orbán nach Ungarn geflogen ist. Das wäre an sich nicht weiter problematisch, wäre Oettinger nicht im Privatjet von Klaus Mangold mitgeflogen. Der frühere Daimler-Manager gilt als kremlnaher Lobbyist und Treffen mit Lobbyisten müssen eigentlich offengelegt werden. Ethikregeln der EU untersagen Kommissaren zudem die Annahme von Geschenken im Wert von mehr als 150 Euro - eine Schwelle, die mit dem Flug überschritten worden sein dürfte.

Vorwürfe, dass Oettinger damit die Ethikregeln der Kommission verletzt habe, wies seine Sprecherin zurück. "Diese Vorwürfe sind unbegründet", hieß es in einer Stellungnahme. Aufgrund von Terminproblemen habe Oettinger keine andere Möglichkeit gehabt, als bei Mangold mitzufliegen. Einen früheren Flug hatte er wegen seines vollen Kalenders verpasst. In dieser Situation hätte die ungarische Regierung auf Mangold verwiesen, der auch auf dem Weg nach Ungarn war. Wer letztlich die Kosten des Fluges trug, Mangold, Ungarn oder die Kommission, blieb auch auf Nachfrage unklar.

Benedek Jávor, der als ungarischer Abgeordneter für die Grünen im Europäischen Parlament sitzt und Oettinger zu dem umstrittenen Flug befragt hatte, hält diese Begründung für unglaubwürdig. "Was die Kommission sagt, ist nicht wahr." Es habe an diesem Tag mindestens vier kommerzielle Flüge von Brüssel nach Budapest gegeben, sagte er der Nachrichtenseite " EUObserver". Jávor will nun mit einer offiziellen Anfrage an die Kommission herausfinden, wer für den Flug bezahlt hat. Die Anfrage ist vom 8. November, für ihre Antwort hat die Kommission 30 Tage Zeit.

Für Günther Oettinger kommen die neuen Vorwürfe zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Erst vor wenigen Wochen hatte Kommissionspräsident Juncker angekündigt, dass Oettinger demnächst zum Haushaltskommissar aufsteigen wird.

© SZ.de/dpa/AFP/jly - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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