Eta:Acht Depots voller Waffen

Eta: Französische Polizisten sichten Waffen und Munition, die sie in einem Versteck der Eta in Saint-Pee-sur-Nivelle sichergestellt haben.

Französische Polizisten sichten Waffen und Munition, die sie in einem Versteck der Eta in Saint-Pee-sur-Nivelle sichergestellt haben.

(Foto: Iroz Gaika/AFP)

Geteiltes Echo nach Übergabe von Arsenalen: Ein Soziologe hält die Eta nun für entwaffnet, der Innenminister Spaniens glaubt nicht ganz daran.

Von Thomas Urban, Madrid

Ein geteiltes Echo hat am Wochenende in Madrid die Übergabe von Waffenarsenalen der baskischen Terrororganisation Eta an die französischen Behörden gefunden. Französische Polizisten öffneten am Samstag acht Verstecke im Süden des Landes, in denen sie insgesamt 3,5 Tonnen Waffen, Munition, Sprengstoff und Zünder mit Zubehör sicherstellten. Die genauen Koordinaten waren ihnen von der pazifistischen Gruppe "Artisans de la paix" (Handwerker des Friedens) mitgeteilt worden. Aktivisten der Gruppe hatten zuvor eine entsprechende Liste von Eta-Mitgliedern im Untergrund bekommen. Etarras, wie die Mitglieder der Organisation genannt werden, traten dabei nicht in Erscheinung. Nach spanischen Medienberichten spielte die katholische Kirche des Baskenlandes im Hintergrund eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Aktion. Überdies waren daran internationale Vermittler beteiligt.

Die französische Regierung sowie die Regionalregierung des spanischen Baskenlandes sprachen von einem historischen Tag. In der südfranzösischen Stadt Bayonne bejubelten mehrere Tausend Menschen auf einem großen Straßenfest "diesen wichtigen Schritt zum Frieden". Hingegen äußerte sich Innenminister Juan Ignacio Zoido, der der konservativen Volkspartei (PP) angehört, in Madrid skeptisch. Es sei bislang nicht erwiesen, dass die Eta alle ihre Waffen abgegeben habe. Zoido erklärte: "Die Eta wurde besiegt, eine Zukunft hat sie nicht mehr, ihre Führer befinden sich im Gefängnis. Ihr bleibt eine einzige logische Antwort, nämlich ihre endgültige Auflösung zu verkünden, bei den Opfern um Verzeihung zu bitten und zu verschwinden." Die Regierung wird nach Zoidos Worten weder eine Amnestie noch Strafrabatte für Eta-Täter beschließen.

Hat die Organisation nun alle Waffen abgegeben? Spaniens Innenminister ist skeptisch

Nach Schätzungen spanischer Experten befinden sich im Untergrund nach einer Reihe von Festnahmen im vergangenen Herbst deutlich unter 50 Etarras. Der Begriff umfasst nach Madrider Lesart auch Sympathisanten, die Täter unterstützt haben, indem sie sie versteckten. Die Organisation "Euskadi Ta Askatasuna" (Baskenland und Freiheit) war 1959 während der Franco-Diktatur, in der die baskische Kultur unterdrückt wurde, gegründet worden. Ihre Aktivisten strebten die Vereinigung der baskischen Regionen im Norden Spaniens und Süden Frankreich zu einem unabhängigen Staat mit sozialistischer Gesellschaftsordnung an. Bei Terroranschlägen fanden nach spanischen Angaben 829 Menschen den Tod, die überwältigende Mehrheit allerdings nach der Wiedereinführung der Demokratie in Spanien nach Francos Tod 1975. Derzeit verbüßen rund 400 Etarras eine Haftstrafe, die meisten in Gefängnissen am anderen Ende des Landes, nämlich in Andalusien, ein Teil in Frankreich. 2011 hatten maskierte Etarras in einer Videobotschaft erstmals das "Ende des bewaffneten Kampfes" angekündigt.

Der Politologe Manikkalingam erklärt, die Separatisten können als entwaffnet gelten

Die Internationale Kommission zur Verifizierung des Waffenstillstandes (CIV), der prominente Friedensaktivisten aus mehreren Ländern angehören, war bei der Öffnung der acht Verstecke zugegen. Der Vorsitzende der Kommission, der aus Sri Lanka stammende Politologe Ram Manikkalingam, erklärte, die Eta könne nun als entwaffnet gelten. "Diese Aktion wird die innere Aussöhnung in der baskischen Gesellschaft stärken", sagte Manikkalingam. Nach einem Bericht der Tageszeitung El Mundo waren an den Verhandlungen auch mehrere katholische Geistliche aus dem Baskenland, der irische Methodistenpastor Harold Good, der bereits im Nordirland-Konflikt vermittelt hatte, sowie Vertreter des Erzbischofs von Bologna, Matteo Zuppi, beteiligt. Zuppi hatte schon bei mehreren regionalen Konflikten als Vermittler im Auftrag des Vatikans gewirkt.

Vertreter der großen baskischen Parteien im Regionalparlament von Vitoria-Gasteiz appellierten an die Zentralregierung, der Verlegung der inhaftierten Eta-Mitglieder in heimatnahe Haftanstalten zuzustimmen. Dies würde ihrer Resozialisierung dienen. Auch in Botschaften der Eta aus dem Untergrund war diese Forderung erhoben worden. Die Eta hatte seit den 1990er Jahren spürbar an Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Politologen sehen dafür zwei Hauptgründe: Zum einen waren Eta-Terroristen damals dazu übergegangen, Politiker und Intellektuelle zu ermorden, die ein Ende der Gewalt forderten, und lösten damit eine Welle von Protestdemonstrationen aus. Zum anderen konnte sich das spanische Baskenland wirtschaftlich stabilisieren, es gehört heute zu den wohlhabendsten Regionen in Spanien. Umfragen zufolge akzeptieren heute deutlich mehr als zwei Drittel der Basken ihre Zugehörigkeit zu Spanien. Doch fordert die überwältigende Mehrheit auch die Aufhebung der strikten Antiterrorgesetze, die schon Forderungen nach Verhandlungen mit der Eta als "Verherrlichung des Terrors" sanktionieren.

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