Eskalation im Kosovo:Serben beschießen Nato-Truppen in Mitrovica

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Die Besetzung des Gerichtsgebäudes ist vorbei - die Lage damit aber nicht beruhigt. Nach der Aktion sind internationale Truppen mit automatischen Waffen beschossen worden.

Die UN-Polizei im Kosovo zieht sich aus dem hauptsächlich von Serben bewohnten Teil der Stadt Kosovska Mitrovica zurück. Ein entsprechender Befehl sei an die dortigen Einheiten ergangen, berichtete die UN-Kosovo-Verwaltung (Unmik) am Montag in Pristina.

Ein brennendes UN-Fahrzeug in Mitrovica: Mehr als 1000 Serben griffen den UN-Konvoi nach der Aktion der Schutztruppe an. (Foto: Foto: Reuters)

Zuvor waren viele UN-Polizisten durch Schusswaffen, Handgranaten und Molotowcocktails in der Stadt verletzt wurden. Die Ausschreitungen hatten sich an der gewaltsamen Erstürmung des Kreisgerichts durch die UN-Polizei und Kfor-Verbände am frühen Morgen entzündet. Nach der Razzia war es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Serben gekommen. Dabei waren etwa 70 Serben sowie Dutzende internationale Polizisten und Soldaten verletzt worden, darunter allein 22 polnische Polizisten und acht französische Kfor-Soldaten.

Die Polizisten schwebten nicht in Lebensgefahr und würden in einem französischen Militärkrankenhaus behandelt, sagte der Sprecher der polnischen Polizei in Warschau. Deutsche Soldaten waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin nicht an der Erstürmung beteiligt.

"Nicht hinnehmbares Eingreifen"

Mehr als 1000 aufgebrachte Serben hätten die Unmik- und Kfor-Verbände attackiert, beschrieb ein Polizist in Pristina die Auseinandersetzungen. Die UN-Polizei sei mit Tränengas gegen sie vorgegangen. Nato-Truppen wurden mit automatischen Waffen beschossen, teilte ein Sprecher mit.

Mehr als 500 UN-Polizisten räumten das besetzte Kreisgericht und nahmen nach Angaben des Polizeisprechers in Pristina mindestens 53 Serben fest. Etwa 20 von ihnen konnten aber von Demonstranten wieder befreit werden, als Serben den UN-Konvoi angriffen, berichteten serbische Medien.

Der serbische Kosovo-Minister Slobodan Samardzic, der sich in der serbischen Enklave Gracanica aufhielt, verlangte "ultimativ" die Freilassung aller Festgenommenen. Er sprach von 34 Personen. Samardzic kritisierte das Eingreifen der internationalen Verbände in Mitrovica als "nicht hinnehmbar und außerhalb jeder zivilisierten Art".

Der serbische Staatspräsident Boris Tadic verlangte von der Unmik und Kfor, keine Gewalt gegen die serbischen Demonstranten anzuwenden. Angesichts der Unruhen wurden im Norden der Stadt alle Schulen geschlossen.

"Rote Linie überschritten"

Vor dem Einsatz hatten Hunderte französische Nato-Soldaten die Gegend um den Gerichtshof abgeriegelt. Jugendliche griffen die Truppen mit Steinen und Feuerwerkskörpern an, ein UN-Fahrzeug ging in Flammen auf.

Serben hatten das Gerichtsgebäude vor drei Tagen besetzt. Unmik-Chef Joachim Rücker hatte diese Gewaltaktion scharf verurteilt und vom Überschreiten einer "roten Linie" gesprochen.

Das Gebäude diente bis 1999 der serbischen Justiz. Die etwa 120.000 Serben im Kosovo lehnen die Unabhängigkeit der Region ab. Die Regierung in Belgrad hatte angekündigt, die Eigenständigkeit der ehemaligen südserbischen Provinz nicht zu akzeptieren und ihre Kontrolle im serbisch dominierten Norden des Territoriums auszubauen. Die Kosovo-Albaner hatten sich am 17. Februar einseitig für unabhängig erklärt, nachdem monatelange Verhandlungen über eine gütliche Lösung gescheitert waren.

© Reuters/AFP/AP/maru/gba/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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