Erzieher-Bezahlung:Schwesigs schöne Nachricht mit Haken

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Findet die bisherige Bezahlung für Erzieher nicht gut genug: Familienministerin Manuela Schwesig. (Foto: imago/Christian Thiel)

Bundesfamilienministerin Schwesig mischt sich in die Tarifverhandlungen ein und ergreift Partei für Erzieher und Sozialarbeiter. Jedoch auf eine Weise, die denen wohl wenig hilft.

Kommentar von Detlef Esslinger

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will die 240 000 Erzieher und Sozialarbeiter der Kommunen künftig auch mit Geld aus ihrem Etat bezahlen. Dies teilte die Ministerin am Mittwoch in Berlin mit. Damit dürfte sie den monatelangen Tarifkonflikt zwischen Gewerkschaften und Kommunen vor der Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag beendet und weitere Streiks verhindert haben. "Eine gute Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern ist eine berechtigte Forderung", sagte Schwesig am Mittwoch der Bild-Zeitung.

Die schöne Nachricht hat bedauerlicherweise einen Haken: An ihr stimmt nur das Zitat. Die Familienministerin ist aus den Ferien zurück und hielt eine Äußerung für geboten, die sie selbst nur als freundlichen Appell an Arbeitgeber und Gewerkschaften verstanden wissen will - die aber vor allem von Arbeitgebern als unangebrachte Einmischung gelesen wurde. Eine Ministerin, die am Tag vor der Verhandlungsrunde eine "gute Bezahlung" anmahnt, drückt zwischen den Zeilen nichts anderes aus, als dass sie die bisherige Bezahlung nicht gut genug findet. Wem nützt sie mit so einem Satz?

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Viele Erzieher mögen glauben, damit erhöhe sie den Druck auf die Kommunen, doch noch nachzugeben. Aber es möge sich jeder selbst befragen, wie man wohl reagierte, würde man von einem Dritten öffentlich zur Großzügigkeit aufgefordert; von einem Dritten wohlgemerkt, der nicht anschließend die Rechnung bezahlen muss. Also ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass die Vertreter der Kommunen an diesem Donnerstag in Offenbach mit den Gewerkschaftern von Beamtenbund, GEW und Verdi viel zu besprechen haben; jetzt erst recht nicht.

Seehofer würde es nicht mehr in den Ferien halten

Natürlich konnte sich Schwesig am Mittwoch nicht bereit erklären, den Teil der Rechnung zu übernehmen, der den Erziehern künftig eine - wie auch immer definierte - "gute Bezahlung" garantiert. Zwar spart sie sich künftig 900 Millionen Euro Betreuungsgeld im Jahr. Würde sie jedoch die Summe nun freiherzig umwidmen, hätte das nur für andere eine überaus angenehme Konsequenz. Sommerloch ade! Die CSU bräche den herrlichsten Koalitionskrach seit Jahren los, Horst Seehofer würde es nicht mehr in den Ferien halten, Volker Kauder hätte plötzlich ein Thema, bei dem er kaum etwas falsch machen kann. Sonderseiten, ARD-Brennpunkt, Hashtag #Schwesiggate, alles wäre drin.

Heißt das, die Ministerin hätte besser geschwiegen, weil sie in diesem Konflikt eh wenig bewirken kann? Auch falsch, sie könnte in dem Konflikt schon deshalb mitreden, weil der Bund die Länder seit diesem Jahr um 1,17 Milliarden Euro beim Bafög entlastet hat. Hätten die dadurch nicht Möglichkeiten, ihren Kommunen mehr Geld fürs Kita-Personal zur Verfügung zu stellen? Fast kein Land ist bisher auf diesen Gedanken gekommen, er wäre aber zumindest eine seriöse Debatte wert. Es mag Wege geben, Erzieher besserzustellen, ohne die Kommunen zu überfordern. Aber so konkret wollte die Ministerin am Mittwoch auch nicht werden.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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