Jemens Präsident: Erster Auftritt nach Attentat:Salih zeigt sich mit verbranntem Gesicht

Einen Monat nach dem Angriff auf seinen Palast spricht der jemenitische Präsident Salih aus einem Militärkrankenhaus in Saudi-Arabien erstmals wieder zum Volk. Bei seinem Auftritt im Staatsfernsehen präsentiert er sich gezeichnet von den Folgen des Attentats - und wirft der Opposition im Jemen ein "falsches Verständnis von Demokratie" vor.

Tomas Avenarius, Kairo

Der bei einem Attentat schwer verletzte jemenitische Präsident Ali Abdallah Salih hat sich zurückgemeldet. In einer Fernsehansprache wandte sich der von Verbrennungen im Gesicht gezeichnete Staatschef aus einem saudischen Krankenhaus heraus an die Bevölkerung seines Landes.

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Hat angeblich acht chirurgische Eingriffe "mit Erfolg" überstanden: Jemens Präsident Ali Abdallah Salih tritt erstmals wieder im TV auf.

(Foto: Reuters)

Salih warf der Opposition, die sein Regime seit fünf Monaten mit Massendemonstrationen stürzen will, ein "falsches Verständnis von Demokratie" vor. Zugleich sagte er in seiner aufgezeichneten kurzen Rede, dass er bereit sei, die Macht zu teilen, allerdings nur, wenn dies "im Rahmen der Verfassung und des Gesetzes" geschehe.

Salih war bei einem Bombenanschlag am 3. Juni in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa schwer verletzt worden. Der Präsident musste im Nachbarland Saudi-Arabien operiert werden und liegt seitdem in einem Krankenhaus im saudischen Riad. Der Jemen wird seit fünf Monaten von einer Jugendrevolte und Massenprotesten erschüttert. Salihs Regime sieht sich inzwischen mit einer weite Teil des Landes erfassenden Opposition aus Jugendlichen, alten Oppositionsparteien, Stammeskriegern und desertierten Militäreinheiten konfrontiert. Teile der Regimegegner fordern den Sturz des seit drei Jahrzehnten herrschenden Präsidenten. Andere sind bereit, einen Machtübergang durch die Bestallung einer Nationalen Einheitsregierung zu moderieren.

Die Anhänger des autoritär regierenden Staatschefs machen ihre bisher begrenzten Zugeständnisse davon abhängig, dass Salih gesunden und zurückkehren kann, um den Machtwechsel durch Wahlen selbst einleiten zu können. Die Täter des Bombenanschlags auf Salih sind unbekannt; es ist nicht erwiesen, dass sie aus den Reihen der Opposition kommen.

Alle Vermittlungsversuche der arabischen Nachbarstaaten unter Führung Saudi-Arabiens waren gescheitert: Der Golf-Kooperationsrat hatte einen Kompromissvorschlag für den Machtwechsel vorgelegt. Der Präsident hatte sich dem Plan aber im letzten Moment verweigert. Am 3. Juni wurde er dann Opfer eines Anschlags in der Moschee des Präsidentenpalastes in Sanaa. Bei dem Attentat erlitt er Medienberichten zufolge Verbrennungen und Kopfverletzungen sowie Splitterverletzungen der Lunge. Bei dem Attentat starben elf Menschen.

Das Chaos im Jemen stärkt al-Qaida

Den Erhalt des Salih-Regimes garantieren sein Sohn und mehrere Neffen, die die schlagkräftigsten Sicherheitskräfte im Land kommandieren. Die Wirtschaft des ärmsten arabischen Landes steht wegen der Monate langen politischen Krise vor dem Zusammenbruch. Gleichzeitig stärkt das Chaos im Land al-Qaida und andere militante Islamistengruppen, die im Süden des Jemen wegen des Sicherheitsvakuums auf dem Vormarsch sind und bereits kleinere Landesteile nahe der Hafenstadt Aden kontrollieren.

Der seit drei Jahrzehnten herrschende Salih hat aber immer noch eine sehr breite Anhängerschaft. In Sanaa reagierten seine Gefolgsleute mit Freudenschüssen und einem gigantischen Feuerwerk, das erkennbar vom Regime mitinszeniert worden war. Das staatliche jemenitische Fernsehen zeigte Bilder des Feuerwerks, das von einem Hagel aus Leuchtspurmunition begleitet wurde. Vor der Ausstrahlung der Fernsehrede hatte das Innenministerium ausdrücklich vor dem Abfeuern von Freudenschüssen gewarnt, da die zur Erde fallenden Geschosse schwere Verletzungen hervorrufen können.

Das Salih-Regime hatte in den vergangenen Tagen mehrmals Fernsehansprachen und sogar die Rückkehr des verletzten Staatschefs angekündigt. Sein erkennbar schlechter Zustand hatte es bis Donnerstag aber offenbar nicht einmal erlaubt, eine aufgezeichnete Rede zu halten. Die rasche Rückkehr Salihs in den Jemen scheint damit unwahrscheinlich zu sein. Der 69-Jährige wirkte bei dem Fernsehauftritt stark geschwächt. Sein Gesicht schien verbrannt zu sein, seine Hände waren verbunden. Salih sagte, er sei achtmal operiert worden. Zugleich bedankte er sich für die saudische Hilfe.

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