Erste Zahlen zu neuer Familienleistung:Betreuungsgeld für fast 65.000 Kinder bewilligt

Bevölkerung in Sachsens Großstädten wächst

Hauptsache, nicht öffentlich betreut - dann können Eltern Betreuungsgeld für ihr Kleinkind beziehen (im Bild Eltern mit Kindern ohne Kita-Platz auf einer Demonstration in Leipzig)

(Foto: dpa)

Seit August 2013 können Eltern Betreuungsgeld für Kleinkinder erhalten. Nun gibt es endlich erste Zahlen dazu, wie viele Mütter und Väter die neue Leistung tatsächlich in Anspruch nehmen. Nur was sagen sie aus?

Von Barbara Galaktionow

Die Aufregung war groß, jahrelang wurde erbittert ums das Betreuungsgeld gestritten - auch zwischen denen, die nun gemeinsam in einer Regierung sitzen, der Union und der SPD. Nun sind endlich erste offizielle Zahlen darüber auf dem Tisch, wie die neue Leistung angenommen wird - doch eine Bewertung will das inzwischen SPD-geführte Familienministerium nicht abgeben.

Die Zahlen: In den ersten fünf Monaten nach Einführung der Familienhilfe wurde für 64.877 Kinder Betreuungsgeld ausgezahlt, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Die Zahl umfasst bewilligte und ausgezahlte Leistungen vom 1. August 2013, an dem die neue Familienleistung in Kraft trat, bis zum 31. Dezember.

Die jetzt veröffentlichten Werte zeigen, was vorher schon abzusehen war: Das Betreuungsgeld ist eine Leistung, die vor allem von Müttern beansprucht wird. Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurde die Leistung zu 95 Prozent von Müttern bezogen, und dass, obwohl es bei Elternpaaren ja eigentlich nicht darauf ankommt, wer Antragsteller ist.

Ausreißer Bremen

Das heißt zwar nicht zwangsläufig, dass all diese Mütter nicht arbeiten gehen. Denn das Betreuungsgeld ist ja nur an die Bedingung geknüpft, dass für das jeweilige Kind keine öffentlich geförderte Kleinkinderbetreuung in Anspruch genommen wird - es kann aber trotzdem in einer privaten Einrichtung, von den Großeltern oder einem Au-pair betreut werden.

Der große Anteil der Anträge durch die Frauen deutet aber doch darauf hin, dass es gegebenenfalls eher die Mütter sind, die sich bei der Kinderbetreuung in der Pflicht sehen und vielleicht auch beruflich zurückstecken. Allerdings zeigen sich im Ländervergleich Unterschiede: In Bremen stellten immerhin knapp neun Prozent der Väter den Antrag auf die neue Leistung, in Mecklenburg-Vorpommern hingegen nicht einmal zwei Prozent.

Offenbar nicht einmal die Hälfte der Mittel abberufen

Deutliche Unterschiede gibt es bei der Akzeptanz der neuen Leistung in den einzelnen Bundesländern. Den Spitzenwert weist - kaum überraschend - Bayern auf. War es doch die CSU, die das Betreuungsgeld durchgedrückt hatte - gegen den erbitterten Widerstand der Opposition, der damals auch die SPD angehörte, aber auch Vorbehalte in den Reihen der Regierung. Das CSU-geführte Land macht es seinen Bürgern nun auch besonders einfach: Bayern ist das einzige Bundesland, das Anträge für das Betreuungsgeld per Post an junge Eltern verschickt. Mehr als 15.000 Menschen nahmen die Leistung hier bis Ende Dezember in Anspruch.

Insgesamt zeigt sich, dass das Betreuungsgeld in den westdeutschen Ländern deutlich häufiger genutzt wird als in den ostdeutschen. Mehr als 60.000 Beziehern im alten Bundesgebiet stehen nicht einmal 5000 Bezieher in den neuen Ländern inklusive Berlin gegenüber. Allerdings haben die westdeutschen Bundesländer auch deutlich mehr Einwohner als die alten. Und so sind es denn auch die bevölkerungsreichsten Länder - Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg - in denen das Betreuungsgeld am meisten in Anspruch genommen wird.

Doch was sagen die nackten Zahlen eigentlich aus? Und sind fast 65.000 Anträge nun enttäuschend wenig - oder mehr als erwartet? Eine Antwort darauf will Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) im Moment nicht geben.

Auf Anfrage vertröstet eine Ministeriumssprecherin auf einen Bericht in knapp zwei Jahren: "Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag nach Maßgabe des §25 BEEG bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht über die Auswirkungen des Betreuungsgeldes vorlegen." Aus den Zahlen lasse sich kein Trend ablesen, erst die längerfristige Beobachtung werde "belastbare Hinweise darauf zulassen, ob und wie das Betreuungsgeld angenommen wird und wie es wirkt".

Das mag sein. Doch zumindest für den Anfang scheint das Betreuungsgeld keineswegs so gefragt zu sein wie vermutet wurde. Nach einer Anfrage der familienpolitischen Sprecherin der Linken, Diana Golze, beim Haushaltsausschuss, hat der Bund 2013 für die Leistung 16,9 Millionen Euro ausgezahlt - eingeplant gewesen seien jedoch 55 Millionen Euro. Demnach wurde also nicht einmal die Hälfte der eingestellten Mittel beansprucht.

Das Betreuungsgeld beträgt derzeit 100 Euro monatlich, im Herbst 2014 wird es auf 150 Euro angehoben. Ein Anspruch besteht für Kinder, die nach dem 31. Juli 2012 geboren wurden. In einem ersten Urteil hatte ein Sozialgericht diese Stichtagsregelung im Januar für rechtmäßig erklärt. Das Betreuungsgeld wird im Anschluss an die Elternzeit gezahlt. Fast 80 Prozent der Eltern, die es seit dem vergangenen Jahr in Anspruch nehmen, stellten ihren Antrag für die maximale Dauer von 22 Monaten.

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