Ernährung:Halb gare Politik

Das Verhältnis der Deutschen zum Essen ist ambivalent - ein Problem.

Von Jan Heidtmann

Wie Kraut und Rüben" - so wurde früher ein Zustand gemessenen Chaos' beschrieben. Heute gilt die Redewendung längst als Adelung. Es gibt Rezeptsammlungen, die so bezeichnet werden, Gartenmagazine und Bioläden. Auch der Ernährungsreport 2017 des Bundesministeriums für Landwirtschaft liest sich wie Kraut und Rüben. Doch der Versuch des Ministers Christian Schmidt die Umfrageergebnisse zu veredeln und als Handlungsanweisung für seine Politik heranzuziehen, muss scheitern.

Denn was sagt es, wenn mehr und mehr Deutsche gerne Tiefkühlpizza essen, gleichzeitig aber das Gros der Befragten angibt, Essen müsse vor allem gesund sein? Wenn offenbar immer weniger von ihnen selbst kochen aber nach besserer Essenqualität für ihre Kindern in den Schulen verlangen? Wenn sie sich bereit erklären, deutlich mehr fürs Fleisch zu bezahlen und doch immer weniger in Bioläden einkaufen? Vernünftige Politik, so viel ist klar, lässt sich damit kaum machen.

Doch statt dem eine klare Linie in der Landwirtschaft entgegenzusetzen, versucht Schmidt, den vielen Interessen gleichzeitig gerecht zu werden. Bestes Beispiel ist das freiwillige Tierwohl-Label, das der Minister plant: Es soll den Käufer beruhigen, der Agrarindustrie aber bloß nicht schaden. Das kann man auch als "halb gar" bezeichnen - ein Begriff, der sich kaum veredeln lässt.

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