Anschläge von Norwegen:Polizei sucht Breiviks Filmausrüstung

Hat der Massenmörder Anders Behring Breivik seine Tat gefilmt? Norwegische Medien berichten, dass die Ermittler derzeit am Tatort nach einer Kameraausrüstung suchen. Mehrere Überlebende des Massakers auf Utøya hatten übereinstimmend berichtet, dass Breivik filmte, während er im Zeltlager um sich schoss.

Gunnar Herrmann, Stockholm

Von dem Terroranschlag auf Utøya existieren möglicherweise Filmaufnahmen. Wie norwegische Medien berichten, suchen Ermittler derzeit am Tatort nach einer Kameraausrüstung, die der mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik auf der Insel versteckt haben könnte. Gut zwei Wochen nach den Anschlägen vom 22. Juli werden in Norwegen immer noch fast täglich neue Details über die Attentate und ihre Hintergründe bekannt. In den Medien beginnt unterdessen eine Debatte darüber, ob man die Morde hätte verhindern können.

Kontroverse Debatten im Web nach Morden in Norwegen

Trauer um die Opfer des Massakers auf der Insel Utøya: Nach wie vor wird die Ferieninsel von der Polizei abgeriegelt. Die Ermittler sollen dort Berichten zufolge nach einer Filmausrüstung suchen.

(Foto: dpa)

Utøya wird nach wie vor von der Polizei abgeriegelt. Die Insel auf dem Tyrifjord-See soll aber kommende Woche Angehörigen und Überlebenden des Anschlages zugänglich gemacht werden. Bis dahin will die Polizei ihre Suche abschließen. Der Verdacht, dass es dort noch etwas zu finden gibt, stützt sich auf Augenzeugenberichte. Mehrere Überlebende des Massakers hätten übereinstimmend ausgesagt, dass Breivik filmte, während er im Zeltlager um sich schoss, erklärte Staatsanwalt Pål-Fredrik Hjort Kraby am Dienstag einer Zeitung. Außerdem gebe es auch in Breiviks Manifest Hinweise darauf, dass er seine Taten dokumentieren wollte.

Die Polizei in Oslo hat inzwischen eine eigene Terrorkommission eingerichtet, um die Ermittlungen voranzutreiben. Neben einer genauen Rekonstruktion des Tathergangs gehen die Beamten dabei auch immer noch der Frage nach, ob Breivik alleine handelte - was Experten vermuten, oder ob er Teil eines Terrornetzwerkes ist - was er selbst behauptet. Hilfe bekamen die Polizisten dabei in diesen Tagen von unerwarteter Seite: Wie am Dienstag bekannt wurde, hat eine norwegische Hacker-Gruppe Breiviks E-Mail-Konten geknackt. Die Inhalte spielten die anonymen Helfer dann den Ermittlern über einen Journalisten zu, wie die Nachrichtenagentur NTB berichtete. Die Osloer Polizei wollte den Bericht nicht kommentieren.

In den Medien wird unterdessen verstärkt darüber diskutiert, wie sich Terroranschläge künftig vereiteln lassen. Insbesondere der Geheimdienst PST ist dabei wegen angeblicher Versäumnisse in die Kritik geraten. Vereinzelt wurden sogar Rufe nach dem Rücktritt der PST-Chefin Janne Christiansen laut. Arild Humlen vom Verband der norwegischen Rechtsanwälte etwa warf dem Geheimdienst mangelnde Selbstkritik vor.

Der PST habe die rechte Szene in Norwegen nicht ausreichend überwacht, sagte Humlen der Zeitung Dagbladet, und mehrere Kommentatoren pflichteten ihm bei. Man müsse sich zum Beispiel die Frage stellen, wie Breivik sechs Tonnen Düngemittel für sein Sprengstofflabor habe kaufen können, so Humlen. "Ich finde, das ist bemerkenswert und es zeigt, dass die PST-Chefin diesen Bereich nicht unter Kontrolle hat." Geheimdienstchefin Christiansen hatte bereits kurz nach den Anschlägen in einem Interview erklärt, noch nicht einmal die ostdeutsche Stasi hätte Breivik entdecken können. Er sei einfach zu unauffällig gewesen.

In der Politik wurde diese Debatte bislang allerdings kaum aufgegriffen. Die norwegischen Parteien haben sich darauf verständigt, während einer Trauerperiode bis zum 13. August alle Streitigkeiten ruhen zu lassen, die Veranstaltungen im Kommunalwahlkampf wurden bis dahin abgesagt. Für den 21. August ist ein nationaler Gedenktag geplant.

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