Ermittlungen:Polizeipanne im Mordfall Peggy wahrscheinlich

Die DNA-Spur, die zu dem mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt führte, könnte von Ermittlern verursacht worden sein. Der vermeintliche Fund hat auch im NSU-Prozess zu Verstörung geführt.

Von Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm

Im Fall der vor 15 Jahren spurlos verschwundenen Peggy Knobloch aus Lichtenberg in Oberfranken verunsichern die Behörden die Familie des getöteten Mädchens und die Öffentlichkeit mit widersprüchlichen Erklärungen. Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft Bayreuth mitgeteilt, es sei eine DNA-Spur des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt bei den im Juli gefundenen Knochen des Mädchens sichergestellt worden. Am Donnerstag teilten Polizei und Staatsanwaltschaft allerdings mit, es könne sich bei der Spur um eine Verunreinigung durch die Ermittler am Tatort handeln.

Die Verunreinigung hervorgerufen haben könnte laut Spiegel online ein spezieller Messstab, mit dem die Spurensicherung sowohl am Fundort von Peggys Überresten in einem Wald in Südthüringen gearbeitet hat, als auch bei der Bergung des Leichnams von Uwe Böhnhardt, der sich am 4. November 2011 gemeinsam mit seinem Freund Uwe Mundlos in einem Wohnmobil erschossen hatte. Durch den Messstab könnte sich die DNA von Böhnhardt auf das Stoffstück übertragen haben, das bei Peggy gefunden wurde.

In der Erklärung der Staatsanwaltschaft hieß es, nun müsse die mögliche Kontamination eines Spurensicherungsgeräts geprüft werden. Das sei zeitaufwendig. Für die Überprüfung soll ein Labor gefunden werden, das bisher weder im Fall Peggy noch im Fall NSU eingesetzt war. Diese Panne erinnert an das "Phantom von Heilbronn": In dem NSU-Mordfall von Heilbronn war die DNA-Spur einer Frau gefunden worden - bis sich herausstellte, dass eine Arbeiterin die Wattestäbchen für den Test mit ihrer DNA verunreinigt hatte.

Die Erklärung der Bayreuther Staatsanwaltschaft ist sehr vage, sie legt sich nicht fest, ob es nun eine Verbindung zwischen dem Mord an Peggy und Böhnhardt gibt oder nicht. Offensichtlich halten die Ermittler noch immer alles für möglich.

Die Nachricht erreichte am Donnerstag auch den NSU-Prozess. Beate Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl schaute auf sein Handy und schüttelte fassungslos den Kopf. Später sagte Sebastian Scharmer, Vertreter der Nebenklage: "Ich habe immer vor vorschnellen Spekulationen gewarnt. Ich darf mir gar nicht vorstellen, was die Familie Knobloch durchmacht." Nebenklage-Anwalt Mehmet Daimagüler hatte am Vortag beantragt, die Akten zum Fall Peggy beizuziehen. Nun sagte er: "Sollte es wahr sein, dass es sich bei dem Fund der DNA-Spur von Uwe Böhnhardt am Fundort der ermordeten Peggy um eine Polizei-Panne handelt, wäre ein neuer Tiefpunkt im NSU-Skandal erreicht. Es wäre ein Schlag ins Gesicht der NSU-Opfer und der Angehörigen von Peggy."

Am Mittwoch hatte Richter Manfred Götzl den Fall Peggy überraschend selbst zum Thema gemacht. "Verfügen Sie über Informationen über Peggy Knobloch, die Sie nicht aus den Medien haben?", hatte er Zschäpe gefragt. Ihr Verteidiger hatte eine Antwort zugesichert, wie immer ein paar Wochen später. Womöglich wird Zschäpes Antwort einfach "nein" lauten.

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