Ermittlungen gegen Kenias Präsident Kenyatta:Afrika wehrt sich gegen Internationalen Strafgerichtshof

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Kenias Präsident Uhuru Kenyatta wehrt sich gegen die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs.  (Foto: REUTERS)

Der Internationale Strafgerichtshof ist in Afrika unbeliebt, wird als einseitig kritisiert. Vor dem Festakt zu ihrem 50-jährigen Bestehen will die Afrikanische Union nun auf Initiative Kenias eine Resolution gegen Den Haag unterzeichnen. Zwei mutmaßliche Verbrecher sollen nicht in den Niederlanden vor Gericht gestellt werden.

Den Zusammenhalt stärken, eine gemeinsame Stimme für den Kontinent finden und dem eigenen Anliegen mehr Gehör in der Welt verschaffen: Das wollten die 32 Politiker erreichen, als sie am 25. Mai 1963 in Addis Abeba den Gründungsvertrag für die Organisation für Afrikanische Einheit unterzeichneten. An diesem Samstag feiert die heutige Afrikanische Union (AU) ihr 50-jähriges Bestehen und will sich in einer gemeinsamen Resolution wieder mit geeinter Stimme aussprechen - und zwar gegen den Internationalen Strafgerichtshof (ICC). Zumindest indirekt.

"(Die Vollversammlung) unterstützt und befürwortet das Ersuchen der ostafrikanischen Region, die ICC-Ermittlungen und -Strafverfolgung rück zu übertragen", heißt es nach übereinstimmenden Berichten von Reuters und der kenianischen Tageszeitung The Standard on Saturday in dem Papier. Mit den Ermittlungen sind die beiden Verfahren gegen Uhuru Kenyatta und William Ruto gemeint.

Seit zwei Monaten stehen sie als Präsident und Vize-Präsident an der Spitze der kenianischen Regierung. Doch ihnen wird vorgeworfen, bei den blutigen Auseinandersetzungen nach der vorangegangenen Wahl 2007 als Strippenzieher agiert zu haben. Damals wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Präsident Kenyatta und sein Stellvertreter Ruto streiten die Vorwürfe ab - und haben die AU-Resolution gegen den ICC initiiert.

Zur Begründung heißt es in dem Dokument, die Rückübertragung der beiden Fälle an die kenianische Justiz würde "es einem nationalen Mechanismus in einem reformierten Rechtssystem erlauben, in den Fällen zu ermitteln und die Vorwürfe zu verfolgen ... um so die Rückkehr von Konflikt und Gewalt in Kenia zu verhindern." Zwar sagte ein Teilnehmer der Vorverhandlungen Reuters, die Afrikanische Union habe explizit vermieden, den ICC dazu aufzufordern, die Ermittlungen einzustellen - gab aber auch zu, dass das Papier auf dasselbe hinauslaufe.

Die heutige Abstimmung über die Resolution erfolgt einen Tag, nachdem der UN-Sicherheitsrat informell über die Causa debattiert hatte. Kenyatta und Ruto hatten das Gremium in einem Brief dazu aufgefordert, sich für ein Ende der Haager Ermittlungen einzusetzen. In New York stießen die Kenianer mit ihrem Ersuchen auf Ablehnung. "Es gab eine sehr entschiedene Antwort von ICC-Mitgliedsstaten und den USA, dass Kenia den Fall vor dem Haager Gericht verhandeln lassen muss", zitiert AFP einen Teilnehmer des Treffens vom Freitag.

An diesem Samstag nun will Kenia mit der AU-Resolution ein weiteres deutliches Signal in Richtung ICC senden. Dass das Vorhaben gelingt, daran gibt es kaum Zweifel. Die Vorbehalte gegenüber dem ICC sind in Afrika seit jeher groß. Alle bisherigen Ermittlungen des Gerichts haben in afrikanischen Ländern stattgefunden - was den Haager Ermittlern wiederholt den Vorwurf der Einseitigkeit eingebracht hat. Schon 2009 hatte die AU in einer Erklärung betont, dass ihre Mitglieder nicht verpflichtet seien, den sudanesischen Präsidenten und mutmaßlichen Kriegsverbrecher Omar al-Baschir zu verhaften. Dem Standard on Saturday zufolge soll Kenia für die Resolution die Unterstützung aller AU-Mitgliedsstaaten haben - bis auf eine.

Der auf Afrika spezialisierte Politiologe Nic Cheeseman von der Universität Oxford, analysierte im staatlichen US-Auslandssender Voice of America das Vorgehen der kenianischen Spitze wie folgt: Die Strategie von Kenyatta und Ruto scheine derzeit zu sein: "Lass' uns möglichst viel politische Unterstützung sammeln, um das ICC-Verfahren aufzuhalten, lass' uns probieren, daraus ein heißes politisches Thema zu machen, lass' uns schauen, ob wir daraus nicht einen Fall von Afrika gegen den Westen machen können. Das verschafft uns vielleicht größere Unterstützung, die Zusammenarbeit mit Den Haag zu verweigern oder erhöht hinter den Kulissen den politischen Druck auf das Gericht, die Ermittlungen einzustellen."

Der ICC will sich dem Druck aus Kenia jedoch nicht beugen. Chefanklägerin Fatou Bensouda hat immer wieder betont, die Ermittlungen nicht einstellen zu wollen. Der Prozess gegen Kenyatta soll im Juli beginnen.

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