Eritrea:Vom Sportprofi zum Asylbewerber

Zehn Fußballer aus Eritrea nutzen ein WM-Qualifikationsspiel in Botswana zur Flucht.

Offiziell waren sie unterwegs, um sich für die Fußball-Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Doch gegen Ende der Reise wurde klar, dass sie wesentlich Größeres im Sinn hatten: Zehn Spieler der Nationalmannschaft von Eritrea weigerten sich am Mittwochabend, in das Flugzeug zu steigen, das sie hätte zurück nach Hause bringen sollten. In eine Heimat, die für sie - wie für die meisten jungen Eritreer - ein riesiges Gefängnis ist.

Am Morgen nach dem Qualifikationsspiel in Francistown, der zweitgrößten Stadt von Botswana, das als eine der stabilsten Demokratien Afrikas gilt, waren die zehn Spieler aus ihren Hotelzimmern verschwunden. Später irrten sie Medienberichten zufolge durch die Stadt, auf der Suche nach einem Büro des Roten Kreuzes, mit dessen Hilfe sie um Asyl in dem Land ersuchen wollten. Die Polizei nahm sie in Gewahrsam, und alle Versuche des eritreischen Botschafters in Botswana, die Männer zur Rückkehr zu bewegen, scheiterten. Das Flugzeug startete ohne sie.

Dick Bayford, Anwalt der in Südafrika ansässigen "Eritreischen Bewegung für Demokratie und Menschenrechte", bestätigte, dass die Spieler in Botswana politisches Asyl beantragen wollten, und warnte die Behörden vor einer Abschiebung: In Eritrea drohe den Männern nun ein Verfahren wegen Fahnenflucht und möglicherweise die Todesstrafe. Jeder volljährige Bürger des Landes am Horn von Afrika muss einen "Nationalen Dienst" in der Armee, im Straßenbau oder in Behörden leisten, der offiziell auf 18 Monate begrenzt ist, de facto aber zehn Jahre oder länger dauern kann. Der Zwangsdienst gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass aus Eritrea jeden Monat bis zu 5000 Menschen fliehen. Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen wirft Präsident Isaias Afewerki vor, das Land mit "Repression und Angst" zu regieren. Folter, Sklaverei und außergerichtliche Hinrichtungen seien üblich. Die Regierung weist alle Vorwürfe als "völlig gegenstandslos" zurück.

In den vergangenen Jahren hatten schon mehrmals eritreische Fußballer Spiele im Ausland zur Flucht genutzt: 2009 in Kenia, 2011 in Tansania und 2012 in Uganda. Die Massenabwanderung junger Talente macht auch vor dem Sportsektor nicht Halt. Das Spiel gegen Gastgeber Botswana hatten die Eritreer am Dienstag mit 1:3 verloren und waren damit aus der WM-Qualifikation ausgeschieden.

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