Erbschaftsteuer:Opposition genervt von Koalitions-Gerangel

Die FDP will ein Ende der Debatte: Die Länder sollen selbst über die Erbschaftsteuer entscheiden. Die SPD warnt die CSU währenddessen vor einer Blockade.

Die FDP forderte ein Ende des "Gefeilsches um die Details der Reform". Nach dreieinhalbjähriger Diskussion glaube niemand mehr an eine Einigung, erklärte FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele am Dienstag in Berlin. Daher sollten die Länder selbst über die Erbschaftsteuer befinden.

Erbschaftsteuer: Dreieinhalb Jahre Debatte - und immer noch keine Lösung in Sachen Erbschaftsteuer.

Dreieinhalb Jahre Debatte - und immer noch keine Lösung in Sachen Erbschaftsteuer.

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Länder sollen entscheiden

Auch die Linkspartei warf der großen Koalition vor, sich im Streit über Details zu verlieren. Stattdessen müssten sich Union und SPD für höhere Einnahmen und mehr Handlungsfähigkeit des Staates einsetzen, erklärte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch in Berlin.

Der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, forderte die SPD auf, "endlich einen Kurs der wirtschaftspolitischen Vernunft einzuschlagen". Ein vererbter Familienbetrieb müsse bei Fortführung des Unternehmens "zu vernünftigen Bedingungen vollständig steuerfrei bleiben", erklärte Michelbach in München. Wenn eine Einigung mit der Bundes-SPD nicht möglich sei, müsse die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer den Ländern überlassen werden.

"Millionäre schützen"

"Zielrichtung" sei, noch in diesem Jahr zu einer Einigung zu kommen, sonst könne die Steuer nicht mehr erhoben werden, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck in Berlin.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund wandte sich gegen Steuergeschenke für die Wohlhabenden. "Millionäre zu schützen ist nicht die Aufgabe der Gewerkschaften", sagte DGB-Chef Michael Sommer nach einem Treffen mit dem SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering in Berlin.

Kauder: Einigung bis Ende der Woche

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) zeigte sich zuversichtlich, bei dem nächsten Treffen zur Erbschaftsteuer am Donnerstag zu einer Einigung zu kommen. "Am Ende der Woche sind wir so weit", sagte Kauder im Deutschlandfunk. Bis dahin seien noch einige verfassungsrechtliche Fragen zu klären. Die Spitzen der großen Koalition hatten sich am Montagabend nach fünfstündigen Beratungen über die Erbschaftsteuerreform auf Donnerstag vertagt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss bis zum Jahresende eine Neuregelung zustande kommen.

Nach dem ergebnislosen Spitzentreffen im Kanzleramt zur Erbschaftsteuer war die CSU bei ihrer kompromisslosen Linie geblieben. CSU-Chef Seehofer unterstrich, die zwei Knackpunkte seien die Frage der Freibeträge beim selbst genutztem Wohneigentum und die Haltefristen für übernommene Betriebe. Beim zweiten Punkt liege man allerdings schon ziemlich nahe beieinander.

Seehofer ist "Überzeugungstäter"

Seehofer betonte, für die CSU gebe es in dieser Frage des selbst genutzten Wohneigentums, dass an Ehepartner oder Kinder vererbt werde, kein Abrücken. "Ich will, dass selbstgenutztes Wohneigentum steuerfrei bleibt", sagte Seehofer. In diesem Punkt sei er "Überzeugungstäter". Es handele sich um eine "ganz zentrale Frage" für das bürgerliche Lager. "Warum soll sich eine Steuerpflicht ergeben, wenn ein Ehepartner stirbt und der andere in der eigenen Immobilie weiter wohnt?" Dies könne man den Menschen nicht schlüssig erklären.

Über Größenordnungen etwa von Freibeträgen habe man vor der nächsten Runde am späten Donnerstagnachmittag Stillschweigen vereinbart, sagte Seehofer weiter. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte am Morgen allerdings eine Summe von über einer Million Euro als Freibetrag beim selbst genutzten Wohneigentum genannt.

Union ist geschlossen

Weiter sagte der bayerische Ministerpräsident, auch Firmenerben müssten steuerfrei gestellt werden können, wenn sie die Arbeitsplätze im Familienbetrieb erhalten. Die CSU streite in diesen beiden Punkten für eine unbürokratische und einfache Lösung.

CDU/CSU seien "sehr geschlossen" in die Gespräche mit der SPD am Montagabend im Kanzleramt gegangen, sagte der bayerische Ministerpräsident. Er bezeichnete die Gespräche als "intensiv und zäh". Man sei sich "ein Stück nähergekommen", allerdings sei man noch "längst nicht am Ziel". Mehrmals habe man sich in kleine Gruppen aufgeteilt oder Vier-Augen-Gespräche geführt.

Trotz der zähen Verhandlungen zeigte sich Seehofer aber zuversichtlich, dass noch diese Woche eine Einigung gefunden werden könne.

Struck warnt vor Blockade

SPD-Fraktionschef Peter Struck hat die CSU davor gewarnt, eine Reform der Erbschaftsteuer weiter zu blockieren. Die Forderungen der CSU nach höheren Freibeträgen für Immobilienerben könne die SPD nicht akzeptieren, sagte Struck am Dienstag vor einer Sitzung der SPD-Fraktion in Berlin.

Diese Freibeträge kämen nur für ein oder zwei Prozent der Gutverdienenden in Frage. Die Vorschläge der SPD dagegen berücksichtigten 98 bis 99 Prozent der Erben.

Struck äußerte die Hoffnung, dass die Koalition am Donnerstag ein Ergebnis erziele. Ziel der SPD sei, das Erbschaftsteueraufkommen von vier Milliarden Euro zu behalten, um den Finanzbedarf der Länder bei ihren Investitionen in Bildung, Hochschulneubau und Infrastruktur zu decken.

"Ich kann mir ernsthaft nicht vorstellen, dass auch CDU/CSU-regierte Länder auf diese Einnahmen verzichten wollen, während sie andererseits beim Bund die Hände aufhalten, wenn es um Beschäftigungsmaßnahmen geht."

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