Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel:Mit einem Sinn für Fettnäpfchen

Dirk Niebel hat schon viele Stürme durchgestanden, er wird auch die Affäre um einen aus Afghanistan mitgebrachten Teppich aussitzen. Der ehemalige Fallschirmjäger muss jedoch ein besseres Gespür dafür entwickeln, was man tut und was man besser lässt - um künftig nicht mehr derart unprofessionell dazustehen.

Peter Blechschmidt

Wenn an einem verkorksten Wahlabend das FDP-Führungspersonal mehrheitlich durch die Tiefgarage ins Präsidiumszimmer strebt, um hämischen Fragen zu entgehen, kommt einer durch die Vordertür. Mit seiner Kleiderschrankfigur in meist schlecht sitzenden Sakkos schiebt sich dann Dirk Niebel durch die Schar der Parteigänger und Journalisten, gern mit einem flotten Spruch auf den Lippen, der auch die eigenen Leute nicht schont. Niebels Lebensmotto scheint zu sein: Viel Feind, viel Ehr'. Einmal Fallschirmjäger, immer Fallschirmjäger.

Jetzt steht der kampferprobte Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der acht Jahre lang als Zeitsoldat in der Bundeswehr gedient hat, wieder mal in der Defensive. Und hineingeraten in den Schlamassel ist er wieder mal durch seine eigene Unbekümmertheit. Man kann auch sagen: Der 49-Jährige hat ein Talent, in jedes sich bietende Fettnäpfchen zu treten. Wenn jemand sich wegen eines fliegenden Teppichs aus Kabul Ärger einhandeln kann, dann ist es Dirk Niebel.

Der Minister hat in der afghanischen Hauptstadt privat einen Teppich gekauft. Der war zu groß, um ihn auf dem Linienflug mit nach Hause zu nehmen. Ein paar Wochen später brachte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes das gute Stück in seinem Dienst-Flugzeug nach Berlin, wo er am Zoll vorbei dem Minister zugestellt wurde.

Der Afghane im BND-Jet tut niemandem weh. Das ist allenfalls Stoff für TV- Spaßmacher. Aber als Politiker den Spöttern und der Opposition eine solche Steilvorlage zu liefern - wohl wissend, dass man unter besonderer Beobachtung steht -, ist "blöd", wie Niebel selbst einräumt, bis unprofessionell.

Etwas anderes ist die Umgehung des Zolls. Jeder Bundeswehrsoldat, der aus dem Afghanistan-Einsatz zurückkehrt, muss unter den strengen Augen des Zolls durch. Das sollte auch ein Minister wissen. Im Nachhinein von einem Missverständnis zu sprechen, hat zumindest ein Gschmäckle. Allerdings überzieht die SPD, wenn sie gleich den großen Knüppel herausholt und tönt, die Teppichaffäre passe ins Bild: Steuerhinterziehung habe schließlich in der FDP Tradition.

Niebel wird das aussitzen

Niebel wird das Affärchen aussitzen, er hat schon ähnliche und ganz andere Stürme durchgestanden. Das fing bereits mit seinem Amtsantritt an, hat er doch ein Ministerium übernommen, das die FDP eigentlich abschaffen wollte. Mit einer umfassenden Reorganisation des Ministeriums und seiner nachgeordneten Organisationen ebenso wie mit seiner angeblich parteipolitisch ausgerichteten Personalplanung hat Niebel ständig Unmut auf sich gezogen - und bislang überstanden. Typisch für ihn auch, dass er nach Kritik an seiner Gebirgsjägermütze, mit der er erstmals in Afrika gesichtet wurde, diese Kopfbedeckung nun erst recht bei Auslandsreisen trägt.

Niebel, der vor seinem Ministeramt Generalsekretär der FDP war, ist ein treuer Gefolgsmann des ehemaligen Vorsitzenden Guido Westerwelle. Er traut sich auch zu, selbst einmal Parteichef zu sein. Dazu müsste er allerdings mehr Gespür dafür entwickeln, was man tut und was man besser lässt.

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