Entsenderichtlinie:EU-Sozialminister beschließen neue Regeln gegen Lohndumping

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Eine polnische Erntehelferin pflückt am 09.10.2017 in Niedersachsen Äpfel. (Foto: dpa)
  • Die EU-Sozialminister haben sich auf einen Kompromiss der Entsenderichtlinie geeinigt.
  • Diese sieht vor, dass Firmen ihre Angestellten ins EU-Ausland zur Arbeit entsenden können. Bislang zahlten sie dabei oft so niedrige Sozialabgaben wie im Herkunftsland.
  • Durch die Reform sollen Millionen vor allem osteuropäischer Arbeiter besser gestellt werden. Doch etliche EU-Länder votierten dagegen.

Aus Rumänien und Bulgarien entsandte Bauarbeiter verdienen in der Bundesrepublik oft nur einen Bruchteil ihrer deutschen Kollegen - dieser Ungleichheit versuchen einige EU-Staaten seit Jahren entgegenzuwirken. Nun haben sich die EU-Sozialminister auf eine Reform der sogenannten Entsenderichtlinie geeinigt, von der Millionen Arbeiter vor allem aus osteuropäischen Staaten betroffen sind.

Die bisherige Regelung von 1996 ließ zu, dass Firmen, die ihre Angestellten für einen befristeten Zeitraum zur Arbeit ins EU-Ausland entsenden, ihnen währenddessen Sozialabgaben wie im Herkunftsland bezahlen - diese fallen häufig niedriger aus als die Abgaben im Land, in denen die Arbeiter eingesetzt sind.

Frankreichs und andere mitteleuropäische Staaten sieht darin die Wurzel für Lohn- und Sozialdumping und hatte mit der Unterstützung von Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg die Reform angeregt. Vertreter Polens, Litauens, Lettlands und Ungarns sprachen sich jedoch gegen den nach zwölfstündigen Verhandlungen in Luxemburg erreichten Kompromiss aus.

Begrenzung auf ein Jahr, Übergangsfrist und höhere Abgaben

Die Neuregelung sieht vor, dass für entsendete Arbeiter im wesentlichen die gleichen Regeln gelten sollen wie für Mitarbeiter, die im entsprechenden Land registriert sind. Die Entsendungszeit soll künftig zwölf Monate, in Ausnahmefällen auf Antrag der Firma bis zu 18 Monate betragen dürfen. Die EU-Sozialminister vereinbarten eine Übergangsfrist von vier Jahren, bis die Reform endgültig in Kraft tritt.

Beim Speditionsgewerbe sollen jedoch weiterhin die bisherigen Regeln gelten - Großbritannien, Irland und Kroatien hatten in dieser Hinsicht Bedenken geäußert und sich ihrer Stimmen enthalten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte erwartungsgemäß den Schritt: "Europa bewgt sich nach vorne, ich zolle der ambitionierten Vereinbarung meinen Respekt: mehr Schutz, weniger Betrug", schrieb er auf Twitter. Die EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen sprach von einem "wichtigen Schritt im Kampf gegen Sozialdumping".

Für eine Reform der EU-Entsenderichtlinie bedarf es einer qualifizierten Mehrheit. Das bedeutet, dass 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, für die Reform stimmen.

© SZ.de/dpa/rtr/afp/ees - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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