Entscheidung:Manfred Kanther muss vor Gericht

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Die Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU soll nun doch vor Gericht aufgearbeitet werden. Das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) entschied, dass sich Ex-Innenminister Kanther (CDU), 64, der frühere hessische CDU-Schatzmeister Prinz Sayn-Wittgenstein, 86, und der ehemalige CDU-Finanzberater Weyrauch, 71, wegen Untreue verantworten müssen.

Von Hans Leyendecker

Das OLG hob damit einen Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom März 2002 auf. Manfred Kanther erklärte in einer ersten Stellungnahme, das OLG Frankfurt habe sich in "erstaunlicher Weise" nahezu ausschließlich mit den Angaben der Staatsanwaltschaft befasst und die Sicht des Landgerichts vernachlässigt.

Manfred Kanther (Foto: Foto: dpa)

Das Landgericht hatte vor zwei Jahren die Anklage nicht zugelassen, weil der CDU kein Vermögen entzogen und kein Schaden entstanden sei. Im Gegenteil: Durch Anlage auf Schwarzmarktkonten in der Schweiz hätten die Angeschuldigten sogar das Geld vermehrt. Im Übrigen sei alles verjährt. Das OLG hingegen geht, ebenso wie die Staatsanwaltschaft, nicht davon aus, dass die Taten verjährt sind.

Die am 11.Mai 2001 von dem Wiesbadener Staatsanwalt Wolf Jördens bei Gericht eingereichte 88 Seiten starke Anklageschrift gegen die drei Beschuldigten hat jetzt Bestand.

In der Anklage hatte Jördens den drei Männern vorgeworfen, 1983 etwa 20,8 Millionen Mark der hessischen CDU in die Schweiz verschoben zu haben. Der Partei, die nicht mehr über das Geld verfügen konnte, sei dadurch ein Vermögensnachteil entstanden.

Überdies drohe der CDU durch die Manipulationen des hessischen Landesverbandes eine Sanktion des Bundestagspräsidenten in Höhe von rund 21 Millionen Euro.

Die hessische CDU hatte versucht, Rückflüsse des schwarzen Geldes durch den Hinweis zu tarnen, es handele sich um jüdische Vermächtnisse. Nach Ansicht der Strafverfolger hatte die hessische CDU bis zum Jahr 2000 durch fehlerhafte Haushaltspläne, in denen die Millionen nicht als Vermögen enthalten waren, "das Unrecht erneuert beziehungsweise aufrechterhalten."

Die Ermittler gehen in der Anklage ausführlich auf das "konspirative Handeln" der Akteure ein.

Die Zeugenliste in dem Verfahren umfasst 66 Namen. Dazu gehören der hessische Ministerpräsident Roland Koch, Hessens Innenminister Volker Bouffier und der frühere CDU-Landeschef Alfred Dregger.

Insgesamt 36 Mitglieder des CDU-Landesvorstands stehen auf der Zeugenliste. Wann der Prozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden beginnt, ist unklar.

© SZ vom 14.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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