Entscheidung des Verfassungsgerichts:Ägyptisches Parlament wird aufgelöst

Unruhe in der ägyptischen Politik: Nachdem ein Drittel der Sitze verfassungswidrig vergeben wurde, muss das gesamte Parlament neu gewählt werden. Doch noch immer gibt es in dem Land keine Verfassung - und die Umsetzung der Neuwahlen ist unklar.

Das ägyptische Parlament muss komplett neu gewählt werden. Das gab Verfassungsgerichts-Präsident Faruk Soltan bekannt. Den über Monate durchgeführten Wahlrunden sprach er die Legitimität ab, da das Wahlgesetz verfassungswidrig sei. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist für alle staatlichen Institutionen bindend. Es ist nun Sache der Regierung, die Neuwahl des Parlaments auszuschreiben und einen Termin festzusetzen.

Ägyptisches Parlement wird aufgelöst

Das Parlement ist laut ägyptischer Verfassung das Unterhaus im Zweikammersystem. 508 Abgeordnete bilden die Volksversammlung. 498 wählt das Volk, 10 Mandate vergibt das Staatsoberhaupt.

(Foto: dpa)

Parlamentssprecher Saad al-Katatni hatte bereits vor dem Urteil darauf hingewiesen, dass fraglich sei, wie das Urteil umzusetzen sei, da es derzeit keine Verfassung in Ägypten gebe. Diese war mit dem Sturz von Ex-Präsident Husni Mubarak im vergangenen Jahr abgeschafft worden. Ohne Verfassung habe keine Behörde das Recht, das Parlament aufzulösen, erklärte al-Katatni. Eine Möglichkeit seien jedoch die nun anstehenden Nachwahlen zum Parlament, mit denen die als verfassungswidrig eingestuften Sitze neu vergeben werden könnten.

Aus der Wahl waren die Muslimbrüder als stärkste politische Kraft hervorgegangen: Nach den offiziellen Ergebnissen konnte die Partei der Freiheit und Gerechtigkeit, die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen ist, 47 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dahinter folgten die ultrakonservativen Salafisten. 70 Prozent der Ägypter hatten bei den Wahlen für islamistische Parteien gestimmt.

Das Parlement ist laut ägyptischer Verfassung das Unterhaus im Zweikammersystem. 508 Abgeordnete bilden die Volksversammlung. 498 wählt das Volk, 10 Mandate vergibt das Staatsoberhaupt.

Das Verfassungsgericht bestätigte zugleich die Kandidatur von Ex-Minister Ahmed Schafik bei der Stichwahl für das Präsidentenamt am kommenden Wochenende. Ein Gesetz, das ehemaligen Top-Funktionären aus der Zeit des früheren Präsidenten Mubarak die Teilnahme am politischen Leben untersagt, sei verfassungswidrig, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen unter Berufung auf die Entscheidung der Richter.

Schafik ist einer der beiden Kandidaten, die sich für die Stichwahl am Samstag und Sonntag qualifiziert hatten. Der zweite Kandidat ist der Islamist Mohammed Mursi, der von der Muslimbruderschaft nominiert worden war.

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