ENF-Konferenz in Koblenz:Rechtspopulisten unter sich

  • In Koblenz kommen Marine Le Pen, Geert Wilders und Frauke Petry zu einer gemeinsamen Konferenz zusammen.
  • Le Pen beschwört das "Europa der Nationen". Wilders wirft Politikern "Islamisierung" vor.
  • 3000 Demonstranten protestieren gegen das Treffen, darunter auch SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Von Antonie Rietzschel, Koblenz

Die Rhein-Mosel-Halle in Koblenz ist eigentlich ein Ort für seichte Veranstaltungen. Demnächst gastieren hier Musicals über das Leben der Kaiserin Sissi und den österreichischen Musiker Falco. An diesem Wochenende ist die Halle Treffpunkt der führenden Rechtspopulisten Europas. Zum Beginn des Wahljahres wollen sie Stärke und Zusammenhalt demonstrieren.

Die Organisatoren der Konferenz mit dem Titel "Freiheit für Europa" haben alles getan, damit dieses Zusammentreffen ein wahres Spektakel wird. Zu Beginn werden die Lichter im nicht ganz voll besetzten Saal gelöscht. Etwas düstere Chormusik erklingt und durch eine Tür treten die europäischen Rechtspolitiker Marine Le Pen aus Frankreich, Geert Wilders, Frauke Petry sowie Matteo Salvini und Harald Vilimsky, gefolgt von Fahnenträgern. Besonders die Burschen, die die deutsche und österreichische Flagge in den Händen halten, scheinen in heller Aufregung zu sein: schneller als die anderen schwenken sie die Fahnenstangen, das Haar gescheitelt, der Blick verzückt.

Le Pen ist der Star

Dutzende Kameras verfolgen den Auftritt. Die Aufmerksamkeit um die Konferenz hatte sich gesteigert, nachdem bekannt geworden war, dass manchen Medienvertretern - darunter denen der ARD und des ZDF - die Teilnahme verweigert wurde. Am Ende haben sich zusätzlich zu den rund 1000 Besuchern etwa 350 Journalisten erfolgreich akkreditiert. "Eine ganze Menge angesichts dessen, dass einige ausgeschlossen wurden", frotzelt Marcus Pretzell bei der Begrüßung. Vereinzelte "Lügenpresse-Rufe" aus dem Publikum werden laut.

Pretzell ist einer der Hauptorganisatoren der Konferenz. Er sitzt für die Alternative für Deutschland (AfD) im Europäischen Parlament und ist Mitglied der Fraktion Europa der Freiheit und der Nationen, der auch Marine Le Pen angehört, die Vorsitzende der rechtsextremen französischen Partei Front National (FN). Der Auftritt in Koblenz ist ihr erster offizieller in Deutschland - und sie ist der Star. Als Le Pen als erste Rednerin die Bühne betritt, jubelt das Publikum ihr zu, Schilder mit ihrem Namen werden in die Höhe gereckt.

In ihrer Rede wirft Le Pen der deutschen Bundesregierung Versagen in der Flüchtlingspolitik vor. "Diese Einwanderungspolitik ist eine Katastrophe", ruft sie. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe gegen den Willen der Deutschen Hunderttausende Flüchtlinge ins Land gelassen. Mit Blick auf 2017 würden die Nationen Kontinentaleuropas folgen, sagte sie mit Blick auf Wahlen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Der Europäischen Union hält Le Pen vor, antidemokratisch zu sein und den Mitgliedsstaaten nationale Eigenheiten zu untersagen. "Es leben die Nationen Europas, es lebe das Europa der Nationen", ruft sie der jubelnden Menge zu.

Auf Le Pen folgt der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders, Chef der Partei für Freiheit (PVV). Er fordert seine Mitstreiter auf, Strategien gegen eine "Massenimmigration" nach Europa zu entwickeln. Die Politiker der etablierten Parteien "befördern unsere Islamisierung", meint er und greift zu einem seltsamen Bild: In der Folge hätten Frauen "Angst, ihr blondes Haar zu zeigen". Um sich diesem Trend entgegenzustellen, brauche Europa ein "stolzes Deutschland", sagt Wilders, der seine Rede auf Deutsch vorträgt.

3000 Gegendemonstranten

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hält sich bei ihrem Auftritt mit Parolen zurück. Stattdessen unternimmt sie einen Ausflug zu den Wurzeln der Demokratie und spannt einen Bogen von Griechenland über die Renaissance ins 18. Jahrhundert - und schließlich zum Europa von heute. Petry wirft der Bundesregierung und den EU-Behörden vor, die Bürger einer "Gehirnwäsche" zu unterziehen. Durch diese Art der Manipulation seien die Freiheit des Individuums und die kulturellen Errungenschaften der europäischen Staaten bedroht. "Die heutige Gehirnwäsche - Nudging - ist viel smarter als die einstige sozialistische Propaganda", fügt die ehemalige DDR-Bürgerin Petry hinzu. Technokraten und "Sozial-Ingenieure" würden behaupten, es sei ewiggestrig und unmodern, an seinen Sitten und Traditionen festzuhalten, "zumindest wenn man ein weißer Europäer ist".

Während Petrys Rede sammeln sich vor der Rhein-Mosel-Halle die Teilnehmer einer Gegendemonstration. Auf dem Weg vom Bahnhof zur Halle ist deren Zahl Polizeiangaben zufolge auf 3000 angewachsen. Mit dabei ist auch SPD-Chef Sigmar Gabriel und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer. Der Demonstrationszug singt Beethovens "Ode an die Freude". Die Polizei ist in der Stadt mit mehr als 1000 Polizisten im Einsatz - und leistet Texthilfe:

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