Wahl in der Elfenbeinküste:Favorit dank Resignation

Woman walks past campaign posters ahead of the October 25 presidential election, in Abidjan

In der Elfenbeinküste treten sieben Kandidaten am Sonntag gegen Präsident Alassane Outtara an.

(Foto: Luc Gnago/Reuters)
  • In der Elfenbeinküste wird am Sonntag gewählt - und Präsident Alassane Outtara gilt als Favorit.
  • Sieben Kandidaten treten gegen ihn an, es sind jene, die übrig geblieben sind, nachdem weite Teile der Opposition schon vor Wochen zum Wahlboykott aufgerufen hatten.
  • Das politische Klima im Land ist zunehmend von Repression geprägt, viele Bürger sind resigniert.

Von Tobias Zick, Kapstadt

Alassane Ouattara hat allen Grund, sich siegesgewiss zu geben. Der 73 Jahre alte Präsident der Elfenbeinküste stellt sich am kommenden Sonntag zur Wahl für eine zweite Amtszeit, und sein verlässlichster Verbündeter ist die im Volk verbreitete Müdigkeit.

Viele Bürger des westafrikanischen Landes sind kriegs- und krisenmüde; die Erinnerung an die letzte Präsidentenwahl 2010 steckt ihnen noch in den Knochen: Damals hatten sich die jeweiligen Unterstützer des offiziellen Siegers Ouattara und seines unterlegenen Amtsvorgängers Laurent Gbagbo bekriegt; mehr als 3000 Menschen starben, Hunderttausende wurden vertrieben.

Eher Resignation als Wut

Es war die schwerste Gewaltwelle, die das Land seit seiner Unabhängigkeit aus französischer Kolonialherrschaft erlebt hatte. Und aus Sicht von Beobachtern der Vereinten Nationen und internationaler Menschenrechtsorganisationen haben beide Seiten Grausamkeiten begangen - auch wenn nur einer der beiden, Laurent Gbagbo, an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert wurde. Viele Oppositionelle sprechen deshalb von Siegerjustiz.

Doch das Klima in den vergangenen Tagen ist eher von Resignation als von Wut geprägt. Sieben Kandidaten treten am Sonntag gegen Ouattara an, es sind jene, die übrig geblieben sind, nachdem weite Teile der Opposition schon vor Wochen zum Wahlboykott aufgerufen hatten. Entsprechend sieht die zu erwartende Beteiligung aus. Gemessen an der Zahl der beantragten Stimmzettel erwarten Beobachter, dass deutlich weniger als die Hälfte der Berechtigten an die Urnen gehen wird. Ouattara kann folglich mit einer absoluten Mehrheit der Stimmen rechnen, was freilich nicht bedeutet, dass die absolute Mehrheit des Volkes hinter ihm stünde.

Die Aussöhnung, welche die Regierung nach der Krise von 2010 und 2011 vollmundig angekündigt hatte, ist bestenfalls auf halber Strecke stehen geblieben. Stattdessen kann sich der Präsident immerhin mit glänzenden Wirtschaftsdaten brüsten, die freilich auch der Tatsache zu verdanken sind, dass nach den Kämpfen viel an Infrastruktur wieder aufzubauen war. Wiederaufbau generiert automatisch Wirtschaftswachstum.

Repression prägt das politische Klima

Doch mit solchen Spitzfindigkeiten wollen sich Ouattaras Anhänger nicht aufhalten. Sie verweisen darauf, dass die berüchtigten "Hühnernester", die Schlaglöcher auf den Hauptstraßen, weitgehend verschwunden sind; dass die Regierung zudem 1000 Kilometer Straßen neu gebaut hat; dass die Öleinnahmen sprudeln und der Export von Kakao boomt. Das Land liefert etwa 40 Prozent der Weltproduktion von Kakaobohnen.

Dem traditionellen Hauptexportgut hatte die Wirtschaftsmetropole Abidjan einst ihren Aufstieg zum "Paris von Afrika" zu verdanken, ehe in den Achtzigerjahren der Kakaopreis auf dem Weltmarkt einbrach, und die Arbeitslosigkeit in die Höhe schnellte. Auch seinem Versprechen, die Wirtschaft zu diversifizieren, ist Ouattara zumindest innerhalb des Agrarsektors nachgekommen. Neben Kakao führt das Land auch Kautschuk, Bananen und Palmöl aus, und kürzlich hat es Indien als größten Exporteur von Cashewnüssen überholt.

Viele Junge trauen dem Versprechen von Frieden und Aufschwung nicht

Während sich Ouattara in solchen Erfolgen sonnt, ist das politische Klima zunehmend von Repression geprägt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der Regierung vor, seit September etwa 60 Oppositionelle willkürlich festgenommen zu haben und vor der Wahl systematische "Drangsalierung" und "Einschüchterung" zu betreiben.

Der prominente Jugendaktivist Samba David etwa wurde demnach Mitte September von Uniformierten in seiner Wohnung festgenommen und zunächst zwei Tage lang an einem geheimen Ort festgehalten. Anschließend wurde er zu sechs Monaten Haft verurteilt, unter anderem wegen "Störung des öffentlichen Friedens."

Unterdessen zeigt auch ein Blick jenseits der Landesgrenzen, dass offenbar viele junge Bürger des Landes dem Versprechen von Frieden und Aufschwung nicht trauen. In Niamey, der Hauptstadt des weiter nördlich gelegenen Staates Niger, einem der Drehkreuze für westafrikanische Migranten in Richtung Europa, registrieren Helfer neuerdings zunehmend junge Männer aus der Elfenbeinküste unter der Vielzahl der Reisenden. "Seit 2011 hat das stetig zugenommen", sagt Aramata Koné, Vorsitzende der Organisation ivorischer Staatsbürger in Niger. "Es muss damit zu tun haben, dass die jungen Leute sich in ihren Hoffnungen enttäuscht fühlen. Früher jedenfalls ist aus unserem Land kaum jemand ausgewandert."

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