Eklat wegen Bundestags-Geschäftsordnung:Opposition spricht von "Arroganz der Macht"

Die große Koalition erhöht die Steuern und kürzt die Pendlerpauschale und das Kindergeld - für die Opposition ein konzeptloses Agieren. Außerdem gibt es mächtig Ärger wegen einer frühmorgendlichen Ausschuss-Sitzung.

Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union und SPD neue Belastungen für die Bürger im nächsten Jahr beschlossen. Die Koalition stimmte mehrheitlich für Einschnitte für Pendler, Kleinsparer sowie Familien mit älteren Kindern.

Das Steueränderungsgesetz 2007 sieht zudem die "Reichensteuer" für Spitzenverdiener vor. Die Opposition warf der Koalition vor, immer nur neue Steuererhöhungen zu beschließen, statt wirklich zu sparen.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) verteidigte das Steuerpaket als alternativlos zur Sanierung der Staatsfinanzen. Vor der abschließenden Beratung des Bundestages über das Steueränderungsgesetz hatte Steinbrück erklärt, ohne diese Einsparungen könne man nicht zu soliden Finanzen zurückkehren.

Das Gesetzespaket sieht neben Einschnitten bei der Pendlerpauschale auch eine Halbierung des Sparerfreibetrages vor. Zugleich soll die Bezugsdauer des Kindergeldes gekürzt und eine "Reichensteuer" eingeführt werden.

Steinbrück räumte ein, dass die Neuregelung "mit Härten und Zumutungen verbunden ist".

Die Regierung bemühe sich aber, dies an der individuellen Leistungsfähigkeit der Bürger auszurichten. Haushaltskonsolidierung sei wichtig, "um den Enkelkindern nicht einen Schuldenberg vor die Füße zu kippen".

Steinbrück sah die große Koalition mit dem Steueränderungsgesetz auf dem "Weg der Verlässlichkeit". Der Aufschlag für Spitzenverdiener sei ein Beitrag zur verteilungspolitischen Balance, sagte er.

Die Opposition warf der Koalition vor, kein finanzpolitisches Konzept zu verfolgen und immer nur neue Steuererhöhungen zu beschließen.

Streit um eine Sondersitzung

Die abschließende Beratung hatte sich nach einem heftigen Streit über die Geschäftsordnung um etwa eine halbe Stunde verzögert. Auslöser war eine Sondersitzung des Finanzausschusses, die am Donnerstagmorgen um 7 Uhr stattgefunden hat.

Das Gremium nahm auf Druck der Ländervertreter Details zurück, die am Vortag verändert worden waren.

Die Einladung für die Sondersitzung gingen der Opposition erst kurz vor Mitternacht zu. FDP, Linke und Grüne sehen darin eine Fristverletzung. Sie plädierten deshalb für Verschiebung. Ein entsprechender Antrag wurde mit den Stimmen der großen Koalition aber abgelehnt.

Der FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele kritisierte, "dieses Verfahren ist abenteuerlich". Dagmar Enkelmann von der Linksfraktion erklärte, das Parlamentsverständnis der Koalition habe mit Demokratie nichts mehr zu tun". Und Volker Beck von den Grünen warf der Regierung "Arroganz der Macht" vor. Union und SPD hätten Berichterstatter der Opposition von Beratungen des Finanzausschusses ausgeschlossen: "Das ist unkollegial und das ist eine Schande für dieses Haus."

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, wies die Vorwürfe als "lächerliche Verfahrenskritik" zurück. Sein SPD-Kollege Olaf Scholz sagte, die Aufgeregtheit habe mit dem Inhalt nichts zu tun.

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