Anti-Terror-Einheit:Eliteeinheit Raid - Spezialisten für den Ernstfall

Wenn es gefährlich wird, kommt in Frankreich die Anti-Terror-Einheit Raid zum Einsatz. Sie gilt als Elite der französischen Polizei, ist aber umstritten.

Von Barbara Galaktionow

Wer ist der Raid?

Sie kommen zum Einsatz, wenn es besonders gefährlich wird: die Elitepolizisten des Raid - so auch am Mittwoch bei der Razzia im Pariser Vorort Saint-Denis. Hier stürmten sie ein Wohnhaus, in dem sich mehrere mutmaßliche Terroristen verschanzt hatten. Der Einsatz galt Abdelhamid Abaaoud, den die Ermittler als Drahtzieher hinter den Anschlägen vom Freitag vermuten (mehr dazu im SZ-Liveblog).

Der Raid ist die bekannteste Spezialeinheit der nationalen Polizei Frankreichs. Er wurde 1985 gegründet. Zu dieser Zeit versetzte eine Reihe von Bombenattentaten in Pariser Kaufhäusern, Cafés und an anderen öffentlichen Orten die Hauptstadtbewohner in Angst (mehr dazu in diesem Spiegel-Artikel). Mit dem Raid wollte man besser für Anti-Terror-Einsätze und Geiselnahmen gerüstet sein. Die Abkürzung Raid steht für "Recherche, Assistance, Intervention, Dissuasion" (etwa: Fahndung, Unterstützung, Eingriff, Abschreckung).

Der Raid kommt nach Angaben der nationalen Polizei vor allem bei Terroranschlägen, Geiselnahmen, im Kampf gegen das organisierte Verbrechen oder psychopathische Einzeltäter zum Einsatz. Außerdem ist er für den Personenschutz von VIPs zuständig oder wird zur Sicherung diplomatischer Einrichtungen im Ausland eingesetzt, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.

Wer arbeitet beim Raid?

Über die Zahl der Raid-Mitarbeiter kursieren unterschiedliche Angaben. Während die Nachrichtenagentur AFP von etwa 300 Personen schreibt, war unlängst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von 170 Angehörigen die Rede. Bewerber dürfen nicht älter als 40 Jahre sein und müssen mindestens fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen, wie es auf der Informationsseite der Police nationale heißt.

Angehende Raid-Polizisten durchlaufen ein hartes Auswahlverfahren. Während ihrer Ausbildung werden sie intensiv an Waffen und im Nahkampf ausgebildet. Außerdem spezialisieren sie sich, beispielsweise als Scharfschützen, Sprengstoffexperten oder Hundeführer. Der AFP zufolge kamen bislang kamen insgesamt drei Mitglieder bei Einsätzen ums Leben.

Spektakuläre Einsätze

Unter den zahlreichen Einsätzen des Raid erhielten diese besondere Aufmerksamkeit:

  • 2015 musste der Raid schon einmal zu einem islamistisch motivierten Terroranschlag ausrücken: bei der Geiselnahme an der Porte de Vincennes. Nach dem Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo tötete der Attentäter Amedy Coulibaly in einem jüdischen Supermarkt in Paris vier Menschen und nahm Geiseln. Er wurde bei der Stürmung des Supermarktes durch den Raid getötet.
  • Deutliche Kritik musste der Raid wegen seines Einsatzes gegen Mohammed Merah einstecken. Der rassistische und antisemitische Attentäter Merah tötete 2012 in Toulouse drei jüdische Schulkinder und einen Rabbiner, zuvor hatte er bereits drei französische Soldaten nordafrikanischer Abstammung erschossen. Merah verschanzte sich in einer Wohnung, erst nach mehr als 30 Stunden gelang es den Spezialeinheiten des Raid, Merah zu überwältigen. Merah sprang bei der Stürmung der Wohnung aus dem Fenster - und wurde von einem Scharfschützen erschossen. Dem Raid wurde daraufhin vorgeworfen, falsch agiert zu haben, beispielsweise kein Tränengas eingesetzt zu haben.
  • Im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine gelang es dem Raid 1993, eine Geiselnahme in einem Kindergarten zu beenden, die mehr als einen Tag dauerte. Alle Geiseln überlebten. Der geistig verwirrte Täter wurde bei der Stürmung des Gebäudes getötet.

Andere Spezialeinheiten

Der Raid ist nicht einzige Spezialeinheit der französischen Polizei. Bereits seit 1974 hat die französische Gendarmerie eine Sondereinheit, die Eingreifgruppe der nationalen Gendarmerie (GIGN). Im Gegensatz zur Raid, die vor allem für Städte zuständig ist, hat die GIGN meist das Sagen bei Einsätzen im eher ländlichen Bereich.

Eine weitere Sondereinheit ist die sogenannte Such- und Eingreifbrigade (BRI), die der Pariser Polizeipräfektur untersteht. Die auch als Anti-Gang-Brigade bekannte Einheit wurde in den 1960er Jahren zum Kampf gegen Schwerkriminelle gegründet. Angehörige der BRI waren am Freitagabend an der Erstürmung der Konzerthalle Bataclan beteiligt und am Mittwoch auch in Saint-Denis im Einsatz. In Saint-Denis sicherten außerdem Soldaten der französischen Armee die Straßen.

Rivalitäten und Zusammenarbeit zwischen den Spezialeinheiten

Die Sondereinheiten stehen die oft in Konkurrenz zueinander und kritisieren einander heftig. Doch scheint es auch anders zu gehen. Bereits bei den Anschlägen vom Januar arbeiteten die Spezialkräfte in unterschiedlichen Konstellationen zusammen. Nach dem Anschlag auf die Satirezeitung Charlie Hebdo machten sie gemeinsam Jagd auf die verantwortlichen Kouachi-Brüder. Und auch bei der Geiselnahme im jüdischen Supermarkt agierten sie gemeinsam.

Am Kampf gegen die Attentäter vom Freitag sind alle drei Spezialeinheiten - Raid, BRI und GIGN - gemeinsam beteiligt.

Mit Material von AFP

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