Einigung in Berlin:Koalition ringt sich zu Steuerkompromiss durch

Es ist vollbracht: Nach langen Verhandlungen haben sich die Regierungsparteien auf eine Steuerentlastung im Gesamtvolumen von sechs Milliarden Euro geeinigt. Auch bei weiteren Konfliktthemen - wie dem Betreuungsgeld und der Pflegeversicherung - präsentierte die Koalition Lösungen. Jetzt können Union und FDP nur hoffen, dass ihre Vorschläge nicht an der Opposition im Bundesrat scheitern.

Stefan Braun, Berlin

Nach siebenstündigen Verhandlungen hat sich die schwarz-gelbe Koalition auf Steuersenkungen für die Bürger verständigt. Sie sollen in einem Gesamtvolumen von sechs Milliarden Euro in den Jahren 2013 und 2014 umgesetzt werden. Außerdem wurde beschlossen, das Betreuungsgeld Anfang 2013 einzuführen und die Pflegeversicherung finanziell zu stärken.

CDU, CSU und FDP einigten sich am Sonntagabend darauf, die Steuerfreibeträge in zwei Schritten anzuheben - einmal zum 1. Januar 2013, dann noch einmal zum 1. Januar 2014. Nach Berechnungen der Regierung soll das jeweils zwei Milliarden Euro kosten und zur Hälfte vom Bund und von den Ländern getragen werden.

Damit allerdings setzt die Bundesregierung auch um, was ihr das Bundesverfassungsgericht aufgetragen hatte: Die Grundfreibeträge sollten nach Maßgabe des Gerichts ohnehin erhöht werden. Darüber hinaus will die Koalition die sogenannte kalte Progression um zwei Milliarden Euro mildern - die Kosten dafür will der Bund alleine übernehmen.

Angesichts dieser Entscheidung hofft die Koalition nun, dass die Pläne nicht am Widerstand von SPD und Grünen im Bundesrat scheitern. Das allerdings könnte sich als Irrtum erweisen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte schon zuvor angekündigt, seine Partei werde gegen Steuersenkungen vor dem Verfassungsgericht klagen, sollten diese Entlastungen über "konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen" finanziert werden und somit gegen die Schuldenbremse verstoßen.

Einigung bei weiteren Konfliktthemen

Neben dem Streit um die Steuersenkungen konnte die Koalition am Sonntag auch weitere Konfliktthemen fürs erste lösen. So wurde noch einmal bestätigt, dass die Koalition zum 1. Januar 2013 das von der CSU stets geforderte Betreuungsgeld einführen wird. Es soll Familien zugute kommen, die ihr Kleinkind nicht in eine Kindertagesstätte bringen, sondern bis zum dritten Lebensjahr zuhause betreuen möchten. Nach den jetzigen Beschlüssen sollen junge Familien vom 1. Januar 2013 an 100 Euro monatlich im zweiten Lebensjahr und von 1. Januar 2014 an 150 Euro im zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes erhalten.

Im Gegenzug akzeptierte die CSU das Ziel der FDP, die Zuwanderung für Hochqualifizierte zu erleichtern. Zu dem Zweck soll eine blue card eingeführt und das geforderte Mindesteinkommen von derzeit 68 000 auf dann 48 000 Euro gesenkt werden. Darüber hinaus verständigten sich Union und FDP darauf, die Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu verbessern. Die Pflegeversicherung soll gut eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung gestellt bekommen, dafür soll der Beitragssatz zum 1. Januar 2013 um 0,1 Prozent angehoben werden.

Parteispitzen zeigen sich zufrieden

Ergänzt werden soll dieser Schritt durch die Einführung einer privaten Vorsorge nach dem Vorbild der Riesterrente. Wer sich so zusätzlich versichert, soll vom 1. Januar 2013 an dafür steuerlich gefördert werden. Als letzten Punkt einigte sich die Koalition auf zusätzliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Dafür soll eine Milliarde Euro ausgegeben werden.

Nach dem Streit um den richtigen Weg für Steuerentlastungen zeigten sich die drei Parteichefs zufrieden. Kanzlerin Angela Merkel sagte, mit den Beschlüssen wolle die Koalition die Wachstumskräfte in Deutschland stärken. FDP-Chef Philipp Rösler sprach vom "Einstieg in den Ausstieg von der kalten Progression". CSU-Chef Horst Seehofer betonte, die Chance für ein Ja des Bundesrates zu den Steuerplänen sei mit diesem Gesamtpaket deutlich gestiegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: