Einbürgerung:Kein bundesweiter Wissenstest

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Wer Deutscher werden will, muss künftig mehr Anforderungen erfüllen. Diese bleiben aber weit hinter den Vorstellungen Hessens oder Baden-Württembergs zurück, die umfassend Geschichtskenntnisse und Moralvorstellungen abfragen wollten.

Annette Ramelsberger

Die Innenminister konnten sich vor ihrer Konferenz am Donnerstag in Garmisch-Partenkirchen offenbar nicht auf den auch von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geforderten bundeseinheitlichen Test bei Einbürgerungen einigen. Vor allem der Berliner Innensenator Ehrhart Körting, aber auch der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (beide SPD) wandten sich gegen einen solchen Test.

Der Berliner Senat wirbt mit der Kampagne "PASSt mir" (Foto: Foto: dpa)

Deswegen retten sich die Innenminister nun in einen Formelkompromiss: So werden alle Länder aufgefordert, in Zukunft Einbürgerungskurse anzubieten. Bei den einen gilt der Kurs allerdings schon als bestanden, wenn ihn der Ausländer ordentlich absolviert hat, in anderen Ländern gibt es dazu eine eigene Abschlussprüfung. Auch mit dem von ihnen geforderten Eid auf die Verfassung konnten sich die unionsregierten Länder nicht durchsetzen. Die Einbürgerung soll in Zukunft lediglich in feierlichem Rahmen stattfinden.

Geeinigt haben sich die Innenminister jedoch darauf, dass nur Deutscher werden darf, wer nicht zu mehr als 90 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden ist. Bisher galt eine Grenze von 180 Tagessätzen. Damit wurden die Wünsche der unionsregierten Länder erheblich entschärft, die auf einer Prüfung sowohl des staatsbürgerlichen Grundwissens als auch der Anerkennung der Verfassung in einem Test bestanden hatten.

Keine Chance für Hessen-Test

Beckstein, der derzeit den Vorsitz der Innenministerkonferenz innehat, sagte der Süddeutschen Zeitung am Montag, dass die Inhalte der neu einzurichtenden Einbürgerungskurse nun von Volkshochschulen und der Bundeszentrale für Politische Bildung erarbeitet werden sollen. Die Anforderungen an die Kenntnisse in Geschichte und Allgemeinwissen sollten aber nicht in höchste Höhen geschraubt werden. "Wir wollen nicht, dass sich nur noch Akademiker einbürgern lassen können. Auch der Arbeiter, der 20 Jahre lang bei AEG brav am Band gestanden hat, muss eine faire Chancen erhalten, Deutscher zu werden - wenn er sich zu Deutschland bekennt", sagte Beckstein.

Die 100 Fragen der hessischen Regierung, die zum Beispiel den Entdecker des Tuberkelbazillus wissen will, hätten keine Chance, von den Ländern übernommen zu werden. Ebenso werde eine Frage der Baden-Württemberger abgelehnt, die von einbürgerungswilligen Eltern Auskunft haben wollen, wie sie sich verhalten würden, wenn ihnen ihr Sohn seinen homosexuellen Partner vorstellte. "Was wichtig ist, ist die Achtung vor weltlichen Gerichten und die richtige Einordnung der deutschen Geschichte. Es geht nicht, dass Einbürgerungswillige zwar Stalin für einen Verbrecher halten, aber über Hitlers Taten hinwegsehen", sagte Beckstein.

Bundesweit einheitlich soll demnächst die Sprachprüfung sein. Der Einbürgerungswillige muss künftig überall in Deutschland nachweisen, dass er sich im Alltag in Wort und Schrift ausreichend verständigen kann. Ausnahmen soll es nur für sehr alte Menschen geben. Zur Einbürgerung gehört zudem eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz.

© SZ vom 2.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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