Ein Jahr nach dem Aufstand:Birmas hoffnungslose Revolutionäre

Vor einem Jahr hat die Junta den Aufstand der Mönche niedergeschlagen. Heute fühlt sich das Regime stärker denn je.

Oliver Meiler

Die Bilder sind schon fast wieder vergessen: Vor einem Jahr, am 26. September 2007, haben in Rangun, der Handelsmetropole und früheren Hauptstadt Birmas, Soldaten auf Mönche geschossen: junge Männer in Uniform auf junge Männer in safranroten Roben - auf Befehl der Militärjunta. Es war Monsunzeit. Der Dunst hüllte die Szenen rund um die Pagoden Ranguns in ein mystisches Licht. Zehntausende buddhistische Geistliche waren schon seit Tagen friedlich und betend durch die Straßen marschiert.

Ein Jahr nach dem Aufstand: Unruhe vor dem Jahrestag: In Rangun explodierte am Donnerstag eine Bombe, sieben Menschen wurden verletzt.

Unruhe vor dem Jahrestag: In Rangun explodierte am Donnerstag eine Bombe, sieben Menschen wurden verletzt.

(Foto: Foto: AFP)

Sie protestierten gegen die Arroganz des Regimes, an der Macht seit 1962, das einige Wochen davor ohne Ankündigung die Preise für Benzin und Diesel um 300 Prozent erhöht hatte und damit viele Birmanen an den Rand ihrer Existenz drängte. Das traf nicht zuletzt die Mönche selbst, die auf die Almosen der Gläubigen angewiesen sind. Die Geber konnten sich die Gaben nicht mehr leisten. Und so schienen die Mönche entschlossen zu sein, das Regime mit ihrer moralischen Festigkeit zu stürzen. Die Hoffnung der unterdrückten Opposition war groß, dass es nun gelingen würde.

Überraschender Schießbefehl

Zum ersten Mal seit dem großen Aufstand der Demokraten 1988 sah es so aus, als taumelten die Generäle. Wie würden sie mit der Herausforderung umgehen, vor die sie die Mönche stellten? Alles traute man ihnen zu, nur nicht, dass sie auf die verehrten Geistlichen schießen lassen würden.

Im gläubigen Birma, so sagten sich alle, wäre das unverzeihlich. Es hieß, das wäre der Anfang vom sicheren Ende für die Junta. Am Vortag der Niederschlagung verhängten die Herrscher den Ausnahmezustand, verboten das Demonstrieren in den Straßen. Und als das nichts brachte, gaben sie wider aller Erwartungen den Schießbefehl.

Wie viele Mönche damals umkamen, ist bis heute ungewiss. Offiziell waren es 31, inoffiziell mehrere Hundert. Tausende der demonstrierenden Geistlichen wurden in der Folge verschleppt. Viele wurden zurück in ihre Klöster auf dem Land gebracht. Die Anführer der sogenannten Safran-Revolution sitzen bis heute im Gefängnis. Andere flohen nach Thailand. In wenigen Tagen war der Protest erstickt. Und zwar nachhaltig: Die Regimegegner wussten nun, dass das Militär vor nichts zurückschrecken würde, um sich an der Macht zu halten. Vor keiner Ungeheuerlichkeit. Die Bilder waren eine Warnung für künftige Generationen von Aufständischen.

Der Rest der Welt war aufgebracht - und wie so oft gespalten. Der Westen mahnte neue Sanktionen an gegen das Regime und seine Nutznießer. Der Osten riet von Boykotten ab und nahm seine Geschäfte mit dem Regime bald wieder auf. Die Militärjunta profitiert von großen Öl- und Gasreserven, für die sich die ganze Region interessiert, vor allem die Nachbarn China, Indien und Thailand. Im UN-Sicherheitsrat verhinderten die Chinesen und die Russen eine härtere Gangart gegen Birmas Regime. Man schickte einen Sondergesandten. Doch der erreichte nichts, wurde von den Generälen hingehalten und verspielte alle seine Glaubwürdigkeit im birmanischen Volk.

Birmas hoffnungslose Revolutionäre

Weder hat der demokratische Prozess Fortschritte gemacht seither, noch ist die bekannte Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi aus ihrem Hausarrest befreit worden. Beides hatte die internationale Gemeinschaft gefordert. Birmas Regime brauchte sich nicht zu beugen, denn es hatte einige Großmächte an seiner Seite. Die Generäle hielten an ihrem eigenen Fahrplan für eine angebliche Demokratisierung fest, brachten die neue Verfassung, die sie von einem handverlesenen Konvent ausarbeiten ließen, vor das Volk. Sie sieht unter anderem vor, dass Bürger, die mit Ausländern verheiratet sind oder waren, keine Regierungsämter übernehmen dürfen: Aung San Suu Kyi ist die Witwe eines Briten.

Amnestie für 9000 Häftlinge

Das Referendum fand im Mai statt, in den Tagen nach dem Wirbelsturm Nargis, der größten Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes. Mehr als 130.000 Menschen waren in den Fluten im Delta des Flusses Irrawaddy umgekommen. Doch das Regime bestand auf seiner Agenda, unbeschadet und selbstherrlich.

Es wies gar die internationalen Hilfsangebote für die Flutopfer zurück. So sicher fühlte es sich. Diese Woche erließ das Regime eine Amnestie für 9000 Häftlinge, unter ihnen auch einige der rund 2000 politischen Gefangenen. Ein Plan, die Parabolspiegel für den Empfang ausländischer Fernsehsender zu verbieten, wurde wieder verworfen. Bis Ende des Jahres sollen Touristen das Visum bei der Einreise in Birma beantragen können, während das heute noch fünf Arbeitstage im Voraus benötigt.

Neuerdings hört man nicht einmal mehr Gerüchte über mögliche Zwiste zwischen den Generälen. Auch keine über den fragilen Gesundheitszustand des Juntachefs. Than Shwe begeht diesen ersten Jahrestag nach der Safran-Revolution gelassen, abgeschottet in seinem Refugium, der neuen und mysteriösen Hauptstadt Naypyidaw. Als wäre dies kein historisches Datum für Birma.

Am Donnerstag, just vor dem Jahrestag der missglückten Safran-Revolution, ist in Rangun eine Bombe detoniert und verletzte sieben Menschen. Die Explosion ereignete sich genau dort, wo das Militär damals auf die Mönche schoss.

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