Ein Bild und seine Geschichte:Lynchtod im Safe

Sherrif führt farbigen Gefangenen an einer Kette, 1933

Sheriff Arthur und sein Gefangener George Hughes.

(Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Texas anno 1930: Ein weißer Sheriff führt George Hughes an der Kette. Wenig später ermordet ein aufgebrachter Mob den Afroamerikaner. Ein Bild und seine Geschichte - die damals kein Einzelfall war.

Von Matthias Kolb

Texas, 1930. Ein weißer Mann führt einen schwarzen Mann, der mit Handschellen gefesselt ist, an einer Kette. Arthur Vaughn heißt der weiße Mann, er ist Sheriff der Stadt Sherman und er führt den Häftling vor. Stolz posiert Vaughn für das Foto, eine Zigarette in der linken Hand. George Hughes, der schwarze Mann, hatte die junge Frau eines Farmers attackiert und vergewaltigt, weil dieser ihm seinen Lohn nicht bezahlt hatte.

Am 5. Mai 1930 bekennt sich Hughes im Gerichtsgebäude von Sherman schuldig, doch das beruhigt den Mob nicht. Wie das Time Magazine berichtet, sperrt der Sheriff den Schwarzen Hughes in einen großen Stahl-Safe. Der Gouverneur schickt Beamte der Texas Ranger zum Gericht, um die Lage zu beruhigen, doch er gibt die Anweisung: "Schützt den Neger, aber schießt auf niemanden!"

Ein Bild und seine Geschichte

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Also weichen die Polizisten zurück, als die weißen Männer - bewaffnet mit Gewehren, Flaschen und Ziegelsteinen - das Gerichtsgebäude stürmen und es in Brand setzen. Die Schläuche der Feuerwehr werden zerhackt und George Hughes stirbt qualvoll in dem stählernen Safe, der ihn eigentlich schützen sollte. Seine Leiche wird anschließend durch die Straßen von Sherman gezogen und ein weiteres Mal angezündet.

Was in Texas passiert, ist damals kein Einzelfall. Die Menschenrechtsorganisation Equal Jus­tice Initiative (EJI) hat 3959 Lynchmorde im Zeitraum von 1877 und 1950 gezählt und in einem Bericht (hier als PDF) dokumentiert - vor allem in den Südstaaten und in Texas. Die Zahl liegt deutlich höher als in bisherigen Schätzungen.

Historisch gewachsenes Misstrauen

Für die Menschenrechtler von der EJI steht fest: Wenn die US-Gesellschaft diesen grausigen Teil der Vergangenheit nicht akzeptiert und die weiße Mehrheit die traumatischen Folgen für die Afroamerikaner weiter leugnet, dann bleiben die Vorurteile bestehen. Und das Misstrauen der Schwarzen gegenüber den Polizisten hat eben auch historische Hintergründe.

In der aktuellen US-Debatte über Rassismus - nach den Fällen von Polizeigewalt in Städten wie Ferguson und Baltimore und der Schießerei in einer Kirche in Charleston - sollte die Geschichte nicht ignoriert werden.

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