Eherecht:Meine teurere Hälfte

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Kfz-Versicherung, Handyrechnung: Wie Paare füreinander haften.

Von Wolfgang Janisch

Hätte der Mann ein bisschen mehr Glück gehabt, wäre es die goldrichtige Entscheidung gewesen. Sechs Jahre war der BMW alt, er hatte bei den regelmäßigen Familienfahrten von Schwäbisch Gmünd in die türkische Heimat treue Dienste geleistet. Aber jeden Monat 145 Euro für die Vollkasko-Versicherung zahlen? Das Geld war knapp, drei Kinder waren zu versorgen. Ende Dezember 2014 kündigte der Mann die Versicherung, dann müsste seine Frau nicht mehr so viel arbeiten, hoffte er. Ein dreiviertel Jahr später verschuldete er einen Unfall. Der Schaden: 12 600 Euro. Nicht überliefert ist, ob die unglückliche Kündigung zu Hause, sagen wir: kontrovers diskutiert wurde. Anlass dazu hätte es gegeben. Die Versicherung war nämlich ursprünglich von der Frau abgeschlossen worden. Ob der Mann ohne ihre Zustimmung überhaupt wirksam kündigen konnte, diese Frage hat nun den Bundesgerichtshof beschäftigt.

Rechtlich geht es dabei um die sogenannte Schlüsselgewalt, einen Uralt-Paragrafen also, der ein wenig aus der Zeit gefallen ist. Ursprünglich diente die Vorschrift dazu, die Hausfrauenehe sozusagen praktikabel zu machen. Weil die Hausfrau einst weder Geld noch Rechte zu haben pflegte, gewährte man ihr die Schlüsselgewalt - natürlich nicht als emanzipatorisches Element, sondern, damit sie einkaufen und auch sonst alles erledigen konnte, was zur Führung eines Haushalts gehörte. Den Bräuten überreichte man bei der Hochzeit einen Schlüssel, als Symbol des "hausfraulichen Waltens".

Nun ist die Zeit auch im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht stehen geblieben. Es gab 1957 ein Gleichberechtigungsgesetz, 1976 folgte eine Eherechtsreform, das waren zwei Versuche, den Paragrafen aus dem 19. Jahrhundert zu entstauben. Inzwischen hat die Hausfrauenehe als Familienleitbild ausgedient, die Doppelverdiener sind auf dem Vormarsch - aber die Schlüsselgewalt blieb bestehen.

Heute gewährt sie den Eheleuten ein wechselseitiges Vertretungsrecht in "Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie", egal, wer den Haushalt führt. Da geht es nicht nur um den Wochenendeinkauf, sondern auch um Verträge mit Energieversorgern, Handwerkeraufträge, Kühlschrankbestellungen - der eine ordert, der andere haftet ungefragt mit. Ein permanenter ehelicher Konfliktherd also, man erinnere sich nur an den BGH-Fall von 2004. Die Telekom hatte eine sagenhafte Telefonrechnung von 6300 Euro geschickt, deren Ursache im Hang des Mannes zum Telefonsex lag - und die empörte Frau sollte mithaften. Der BGH lehnte das ab: Telefon, klar, das gehöre zum Lebensbedarf. Aber was der Mann da getrieben habe, sei wirklich nicht mehr angemessen.

Kritiker fragen sich ohnehin schon lange, was der Paragraf eigentlich mit dem Schutz der Ehe zu tun haben soll. Geschützt würden doch letztlich die Gläubiger, die bei krummen Ratenzahlungsverträgen beide Eheleute haftbar machen könnten. Die Schlüsselgewalt sei eher eine Last für die Ehe. So kommentierte es übrigens auch die türkische Ehefrau, als sie an diesem Mittwoch den BGH verließ. Sie hat ihren Prozess verloren: Vollkasko gehört laut BGH zum angemessenen Familienbedarf - da darf einer für beide kündigen.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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