Ehemaliger UN-Generalsekretär Kofi Annan:Beharrlicher Vermittler auf Syrien-Mission

UN-Generalsekretär ist Kofi Annan schon seit 2006 nicht mehr, doch könnte er in Syrien jetzt etwas geschafft haben, woran die internationale Gemeinschaft seit einem Jahr scheitert: ernsthafte Schritte Richtung Frieden einzuleiten. Kurioserweise berufen sich die Befürworter eines militärischen Eingreifens gegen das Assad-Regime auf eine nach Annan benannte Doktrin.

Frederik Obermaier

Als Kofi Annan erstmals mit einem arabischen Autokraten verhandelte, endete dies zunächst mit Applaus: Mehr als 700 Angestellte der Vereinten Nationen standen Spalier, als der damalige UN-Generalsekretär 1998 aus Bagdad zurückkehrte. Annan hatte Iraks Diktator Saddam Hussein dazu bewegt, Waffeninspektoren in verdächtige Anlagen zu lassen. Es schien ein Sieg der Vernunft zu sein, ein Sieg des Friedens über die Regierungen, die Krieg wollten.

Kofi Annan

Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan bei seinem Treffen mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao in der Großen Halle des Volkes in Peking.

(Foto: AP)

Nun, 14 Jahre später, applaudieren die Diplomaten wieder: Als Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga hat Annan einen Sechs-Punkte-Plan zur Lösung des Konflikts in Syrien ausgearbeitet, am Dienstag soll die Regierung in Damaskus eingewilligt haben.

Sollten die Meldungen stimmen, hätte Annan innerhalb weniger Wochen durchgesetzt, woran die internationale Gemeinschaft seit einem Jahr scheitert: eine Waffenruhe in Syrien. Hilfsorganisationen hätten wieder ungehinderten Zugang in die umkämpften Oppositionshochburgen, Journalisten könnten offen berichten. Es könnte der Anfang vom Ende Assads sein, zumindest aber wäre es das vorläufige Ende des Gemetzels.

Noch allerdings ist selbst Annan zurückhaltend. Der Ghanaer weilt gerade in Peking und wirbt um Unterstützung für seinen Syrien-Plan, zuvor hat er schon Russlands Präsidenten Dmitrij Medwedjew getroffen. Seinen Sprecher ließ der 73-jährige Annan ausrichten, die Signale aus Syrien seien schon mal ein wichtiger Schritt. Recht viel mehr sagte er nicht. Annan, der als zäher Verhandlungsführer gilt, ist vorsichtig geworden - zu oft schon hat er sich zu früh gefreut.

Saddam Hussein etwa brach schon kurz nach seinem Treffen mit Annan sein Versprechen. Die Waffeninspektoren mussten das Land verlassen. Wenige Jahre später fielen Bomben auf Irak, eine US-geführte Allianz marschierte ein und Annan, der Mann des Friedens, der "weltliche Papst", wie er genannt wird, hatte verloren. In Osttimor, wo der Friedensnobelpreisträger auch vermittelt hatte, brachen nach dem Abzug der UN-Truppen wieder Unruhen aus - ausgerechnet in Annans letztem Jahr als UN-Generalsekretär, 2006.

Dass Annan sich nach seiner Pensionierung nicht in seine Villa am Genfer See zurückziehen würde, war vielen Beobachtern bereits klar, als er seine letzte UN-Generalversammlung eröffnete. Mehr als sein halbes Leben hatte Annan damals für die UN gearbeitet. Erst bei der Weltgesundheitsorganisation, dann beim UN-Flüchtlingswerk, später als Untersekretär für Friedenssicherung. Es war die Zeit der Massaker in Ruanda und Srebrenica, UN-Truppen sahen tatenlos zu, wie Zivilisten dahingemetzelt wurden.

Annan trage Mitschuld, sagten seine Kritiker, dennoch wurde er 1996 zum UN-Generalsekretär gewählt. Er prägte fortan die "Annan-Doktrin": Wenn ein Staat nicht willens ist, auf seinem Territorium schwere Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden oder diese selbst begeht, geht die Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung auf die Staatengemeinschaft über. Es ist jene Doktrin, auf die sich heute die Befürworter eines militärischen Eingreifens in Syrien berufen.

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