Ehemalige RAF-Terroristin vor Gericht:Verena Becker will sich zu Buback-Mord äußern

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Anderthalb Jahre hat sie geschwiegen - jetzt will Verena Becker im Prozess um die Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback aussagen. Die frühere RAF-Terroristin wird beschuldigt, an dem Mord im Jahr 1977 beteiligt gewesen zu sein.

Im Prozess um den Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback hat die Verteidigung überraschend eine umfassende Aussage der angeklagten früheren RAF-Terroristin Verena Becker angekündigt. "Frau Becker wird sich am 14. Mai zur Sache äußern", sagte Rechtsanwalt Walter Venedey vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.

Im Prozess um den Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback hat die Verteidigung eine umfassende Aussage der angeklagten Verena Becker angekündigt. (Foto: dapd)

Beckers zweiter Verteidiger Hans Wolfgang Euler ergänzte in einer Verhandlungspause, Becker werde etwa 15 bis 20 Minuten lang sprechen. Seine Mandantin wolle einiges, was in dem Verfahren gesagt wurde, nicht so stehenlassen, begründete er die erstmalige Aussage der 59-Jährigen. "Sie will sich nicht verstecken", betonte der Anwalt. Auf die Frage, was seine Mandantin sagen werde, antwortete Euler: "Sie wird sagen: ja oder nein." Was genau damit gemeint ist, bleibt abzuwarten.

Verena Becker ist angeklagt, als Mittäterin an der Ermordung Bubacks am 7. April 1977 beteiligt gewesen zu sein. Die heute 59-Jährige soll eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung für das Attentat sowie bei der Organisation gespielt haben. Der Prozess läuft seit September 2010. Bisher hatte die frühere RAF-Terroristin zu den Vorwürfen geschwiegen.

Die Bundesanwälte stützen sich bei ihrer Anklage vor allem auf drei Bekennerschreiben der Rote-Armee-Fraktion zum Buback-Mord. Mit Hilfe neuer kriminaltechnischer Verfahren waren Spuren nachgewiesen worden, die von Becker stammten. Hauptbelastungszeuge der Ermittler ist der ehemalige RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock.

Er sagte aus, deutsche Terroristen hätten im Sommer oder Herbst 1976 in einem Ausbildungslager der Terrororganisation PFLP in Südjemen die grundsätzliche Entscheidung getroffen, nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Mordanschläge gegen führende Repräsentanten des Staates, unter ihnen Buback, zu begehen. Von den in Stammheim inhaftierten Terroristen sei der Befehl gekommen: "Der General muss weg."

Die im damals sozialistischen Südjemen entstandene Gruppe, zu der auch Becker zählte, dürfe sich nur dann als RAF bezeichnen, wenn sie einen solchen Anschlag verübe. Danach habe es Vorbereitungstreffen im Harz und in den Niederlanden gegeben. Becker habe sich stark dafür eingesetzt, die Anweisungen der in Stammheim inhaftierten Führungsmitglieder auch umzusetzen. Bei der Verhaftung von Verena Becker im Mai 1977 kam es zu einer Schießerei mit sechs Polizeibeamten. Aus kurzer Entfernung legte Becker auf einen Beamten an, traf ihn aber nur in den Unterarm. Bei ihr wurde damals die Waffe gefunden, mit der Buback und seine Begleiter ermordet worden waren.

Das Ermittlungsverfahren gegen Becker wegen des Buback-Anschlags wurde 1980 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Jedoch wurde das frühere Mitglied der "Bewegung 2. Juni" aufgrund der Schießerei wegen sechsfachen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach zwölf Jahren Haft wurde sie 1989 begnadigt. Im aktuellen Prozess fordert Beckers Anwalt Walter Venedey Freispruch für seine Mandantin. Er stellt vor allem die Aussagen Boocks in Frage, der sich in Widersprüche verstrickt habe. Auf Antrag Venedeys hatte der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Dezember vergangenen Jahres Beckers Haftbefehl aufgehoben.

Dass sich Verena Becker in ihrer Stellungnahme etwas wirklich Erhellendes zu den Umständen sagen wird, glaubt Michael Buback, Sohn des RAF-Opfers und Nebenkläger im Prozess nicht. Dabei gebe es viele Fragen, die Becker beantworten könnte. "Ich gehe davon aus, dass sie auf jeden Fall weiß, wer die Täter auf dem Motorrad waren." Buback ist davon überzeugt, dass Becker selbst die Todesschützin gewesen ist. Hierfür hat der Prozess allerdings bislang keine belastbaren Anhaltspunkte ergeben. Der letzte Prozesstag war auf den 25. Mai festgelegt worden. Ob dann auch schon ein Urteil verkündet wird, ist unklar.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/feko/arie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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