Ehe für alle:Aus Überzeugung

Die CSU tut gut daran, von einer Verfassungsklage abzurücken.

Von Ulrike Heidenreich

Toleranz ist ein zartes Gewächs. Nicht jedem fällt es leicht zu akzeptieren, wenn jemand ganz anders lebt als man selbst. Wenn zum Beispiel Männer Männer lieben und Frauen Frauen. Mit Berührungsängsten gilt es behutsam umzugehen. Die CSU ist gut beraten damit, von einer Verfassungsklage gegen die Ehe für alle abzurücken. Verständnis gedeiht in einem zuträglichen Klima - nicht, wenn Lebensweisen in rauem Streit zerrissen werden.

Klar, die Erfolgsaussichten für eine Klage in Karlsruhe wären gering. Das Gesetz, dass schwule und lesbische Paare genau wie heterosexuelle Paare heiraten dürfen, ist eher zulässig, als dass es dem Grundgesetz widerspricht. Das haben die von der bayerischen Staatsregierung beauftragten Gutachter deutlich formuliert. Aber schlechte Aussichten haben die CSU noch nie daran gehindert, ihren Stiefel durchzuziehen. Beim Betreuungsgeld ging man ja auch bis zum Bundesverfassungsgericht - und verlor. Die harte politische Debatte davor hatte viele Mütter und Väter in ihrem Umgang mit Beruf und Kindern verunsichert. Auch hier ging es um den Kern unseres gesellschaftlichen Selbstverständnisses, um Ehe, Familie und Liebe.

Im Herbst in Berlin, bei der Abstimmung über die Ehe für alle, gab es keinen Fraktionszwang. Jede und jeder folgte seiner inneren Überzeugung. Es war wechselseitiger Respekt gefordert, den beide Positionen verdienen. Diese nicht gegeneinander auszuspielen, ist auch eine Gewissensfrage.

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