Ebola-Fälle in den USA:Überraschend unzulänglich

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Die Infektion einer zweiten US-Krankenschwester mit Ebola bringt auch die Regierungsbehörden unter Druck. Obama kündigt eine Gesundheits-Eingreiftruppe an - doch nun wird eine weitere Panne bekannt.

Von Matthias Kolb, Washington, und Johannes Kuhn, San Francisco

Der US-Präsident tat alles, um keine Panik aufkommen zu lassen: "Ich habe Krankenschwestern in der Emory-Klinik die Hand geschüttelt, sie umarmt und geküsst, weil sie so wichtige Dinge für einen Ebola-Patienten dort getan haben", erzählte Barack Obama am Rande einer Kabinettssitzung. "Sie sind dem Protokoll gefolgt, sie wussten, was sie taten und ich habe mich absolut sicher gefühlt."

Die Universitätsklinik Emory liegt in Atlanta, und dort wird inzwischen auch Amber V. behandelt. Sie ist bereits die zweite Pflegekraft eines Krankenhauses in Dallas, die sich offenbar bei der Behandlung eines eingereisten Liberianers mit Ebola infiziert hat. Bereits am Sonntag war bei einer anderen Krankenschwester das Virus diagnostiziert worden.

Die beiden Fälle bringen die Verantwortlichen der Klinik in Dallas in Erklärungsnot: Mitarbeiter und Pflege-Gewerkschaften werfen ihnen vor, die Sicherheitsregeln für den Schutz gegen Ebola ständig geändert zu haben. Die Schutzkleidung sei unvollständig gewesen.

Zudem flog Amber V. noch am Montag von Cleveland nach Dallas, einen Tag, bevor sie erste Symptome zeigte. Offenbar hatte die 29-Jährige bereits da leichtes Fieber. Wie am Mittwochabend amerikanischer Zeit bekannt wurde, hatte die Frau versucht, die zuständige Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) telefonisch zu erreichen - offenbar vergeblich.

Ist die Klinik in Dallas überfordert?

Das Ansteckungsrisiko für die anderen Passagiere ist zwar gering, doch neben den Verantwortlichen in Dallas stehen nun auch die CDC im Mittelpunkt der Kritik.

Die Behörde hatte bislang darauf gesetzt, dass die amerikanischen Krankenhäuser professionell genug für den Umgang mit der Seuche seien. Dieses Urteil erscheint nun naiv - und der fehlgeschlagene Anruf der Erkrankten zeigt, dass man offenbar selbst für Pannen anfällig ist.

Weil die CDC der Regierung unterstehen, fällt der Vorwurf des naiven Krisenmanagements auch auf das Weiße Haus zurück. US-Präsident Obama versuchte deshalb am Mittwoch, Entschlossenheit zu demonstrieren: Zunächst sagte er eine Wahlkampfreise nach New Jersey und Connecticut ab, um sein Kabinett zu einer Sondersitzung zusammenzurufen.

Danach erklärte er, die CDC angewiesen zu haben, ein "Swat-Team" zu organisieren. Die Gesundheits-Eingreiftruppe soll bei neuen Ebola-Fällen sofort zu den entsprechenden Kliniken reisen, um eine adäquate Behandlung zu gewährleisten und das Personal zu schulen. Allerdings dürfte die später bekannt gewordene Anruf-Panne die Kritik nochmals verstärken.

Staatliches Versagen wiegt schwer

Sowohl Medien als auch die Opposition werfen Obama und den Demokraten vor den Kongresswahlen am 4. November Führungsschwäche vor. Die Republikaner beklagen in vielen Wahlkampf-Videos, dass die Regierung zu wenig gegen Ebola tue und die Gefahr durch die IS-Terroristen unterschätzt habe.

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Und im politischen Diskurs schadet es den Demokraten immer, wenn staatliche Behörden versagen. Denn in Obamas Partei sind fast alle davon überzeugt, dass sich durch "mehr Staat" und den Einsatz von Steuergeldern das Leben vieler verbessern lässt.

Während der Zustand ihrer Kollegin als "gut" beschrieben wird, ist die Krankheit bei Amber V. schon fortgeschritten. Die Krankenhaus-Leitung in Dallas erklärte, dass insgesamt 77 Personen derzeit beobachtet würden, die mit dem vergangene Woche verstorbenen Patienten zu tun gehabt hätten. Weitere Infektionen könnten nicht ausgeschlossen werden.

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