E-Autos:Ladestationen in ganz Europa

Daimler, BMW, VW und Ford machen Ernst bei der Elektromobilität. An den großen Verkehrsachsen wollen sie Tausende Strom-Tankstellen bauen - in weniger als fünf Minuten soll die Batterie wieder einsatzbereit sein.

Von Thomas Fromm

Um der Elektromobilität endlich zum Durchbruch zu verhelfen, gehen die deutschen Autokonzerne jetzt in die Offensive. Gemeinsam wollen BMW, Daimler, Ford sowie Volkswagen mit seinen Marken Audi und Porsche Schnellladestationen für E-Autos in ganz Europa bauen. In einem ersten Schritt sollen von 2017 an 400 Schnellladestationen entlang der großen europäischen Verkehrsachsen entstehen. Bis zum Jahr 2020 planen die Hersteller ein dichtes Netz mit Tausenden solcher Stationen.

Mithilfe des Schnellladestandards "Combined Charging System" (CCS) soll es dann möglich sein, Fahrzeuge bei einer Leistung von 350 Kilowatt je nach Batteriegröße innerhalb von weniger als fünf Minuten zu laden, heißt es bei BMW. Autos mit dem Standard-Stecker sollen alle Ladestationen nutzen können, unabhängig von Marke oder Modell.

Die Hersteller erhoffen sich davon die große Wende auf der Straße. Sie alle planen in den kommenden Jahren neue Generationen von Elektroautos. Die Strategie ist jedoch riskant, denn bislang sind batteriebetriebene Fahrzeuge Ladenhüter. Dies liegt nur zum Teil an den höheren Preisen für Elektroautos: Die Angst, bei kurzen Batterie-Reichweiten und nur wenigen öffentlichen Aufladestationen auf freier Strecke liegen zu bleiben, ist bei den Kunden groß. Daher werden trotz staatlicher Kaufprämie nach wie vor in erster Linie Autos mit klassischem Verbrennungsmotor verkauft. "Der Durchbruch der E-Mobilität erfordert vor allem zwei Dinge: überzeugende Fahrzeuge und eine flächendeckende Ladeinfrastruktur", sagte Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche am Dienstag. Mit Hilfe der Schnellladesäulen sei nun erstmals eine "Langstrecken-E-Mobilität" möglich. Bislang galten die ersten Generationen von E-Autos noch als reines Verkehrsmittel für den Stadtverkehr.

Daimler AG Media Night Ahead Of IAA Frankfurt Motor Show

Auf Messen wie der IAA werben Automobilhersteller für Elektro-Autos. Bisher werden mehr Autos mit Verbrennungsmotor verkauft. Das soll sich ändern.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Vorbild für das europäische Ladeprojekt ist der kalifornische Elektroautobauer Tesla, der mehr als 700 Ladestationen mit fast 5 000 Säulen betreibt, an denen bislang kostenlos Strom getankt werden konnte. Allerdings wird dies für Neukunden bald nicht mehr grundsätzlich gratis sein. Auch die deutschen Hersteller dürften den Strom nicht verschenken. Die Preise stünden aber noch nicht fest, heißt es dazu. Auch ist nicht geklärt, wie viel Geld die Hersteller aufbringen müssen, um die Ladesäulen aufzustellen. Einig sei man sich, dass alle Unternehmen zu gleichen Teilen an dem Projekt beteiligt werden. "Alle wissen, dass sie investieren müssen, da auch alle davon profitieren", heißt es aus der Industrie. Experten rechnen mit Kosten im dreistelligen Millionenbereich.

Die deutschen Autohersteller investieren also zusammen in ein markenübergreifendes Ladenetz, um gemeinsam mehr Elektroautos zu verkaufen - für die Konzerne, die sich am Markt als Wettbewerber gegenüberstehen, ist dieses Vorgehen ein Tabubruch. Bislang setzte man auf Abgrenzung, jetzt plant man gemeinsam die Zukunft. In der Absichtserklärung vom Dienstag heißt es, das Projekt sei offen auch für weitere Automobilhersteller, die sich als Partner beteiligen wollen - das zeigt, wie ernst die Lage ist.

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