Druck auf Parteichef wächst:"Stoiber soll sich schneller entscheiden"

Die CSU-Landtagsfraktion erwartet, dass der Streit über die Zukunft des Parteichefs deutlich früher geklärt wird als von Stoiber selbst angestrebt. Er müsse "zum richtigen Zeitpunkt den Weg für eine Erneuerung" freimachen.

Die Fraktion will nach den Worten ihres Vorsitzenden Joachim Herrmann noch vor dem im Herbst anstehenden Parteitag eine Entscheidung über die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008.

Eine so aufgeregte Diskussion wie derzeit sei für die CSU nicht noch ein Dreivierteljahr auszuhalten, sagte Herrmann in Wildbad Kreuth vor Journalisten. Deshalb müsse nun in einem "überschaubaren Zeitraum" die Kandidatur geklärt werden.

Aus dem Umfeld von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte es dagegen geheißen, erst ein Parteitag im September solle die Spitzenkandidatur klären.

Herrmann ließ anklingen, dass sich die meisten Mitglieder der Fraktionsführung einen anderen Spitzenkandidaten als Stoiber wünschen. In den Beratungen am Montag sei deutlich geworden, dass eine Mehrheit vom amtierenden Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden erwarte, "dass er zum richtigen Zeitpunkt den Weg für eine Erneuerung freimacht".

Mit seiner Ankündigung, erneut kandidieren zu wollen, dies aber nicht zu müssen, habe Stoiber für eine Lösung die "Tür einen Spalt breit geöffnet". "Wir müssen jetzt Klarheit schaffen, wohin die Reise geht", sagte Herrmann.

Zuvor hatten in Wildbad Kreuth bereits weitere bayerische Politiker den Wunsch nach einem Rückzug Stoibers signalisiert. Der CSU-Landtagsabgeordnete Sebastian Freiherr von Rotenhan forderte den Regierungschef zum Rücktritt auf. "Wir wissen alle ganz genau, dass Edmund Stoiber nicht mehr zu halten ist", sagte von Rotenhan am Dienstag im RBB-Inforadio.

"Heuchlerischer Eiertanz"

Es werde allerhöchste Zeit, dass Stoiber erkläre, dass er zurücktritt. Der "kollektive, heuchlerische Eiertanz" in der CSU-Führung müsse ein Ende haben. Der CSU-Landtagsabgeordnete Hermann Imhof sagte im ZDF, er freue sich über Stoibers Aussage vom Vortag, er wolle, müsse aber nicht nicht erneut kandidieren. Er verstehe das als Angebot und sehe die Chance, mit Stoiber am heutigen Dienstag "möglicherweise auch über einen geordneten Rückzug" zu sprechen.

Stoiber habe keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung. Von Rotenhan kritisierte angesichts der Bild-Berichte über eine angebliche Affäre von Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) heftig die CSU-Führung. Er bedauere seit langer Zeit, "dass im Umfeld der Parteiführung und des Ministerpräsidenten sich offenbar Gewächse entwickelt haben, die da nicht hingehören".

Ob die Gerüchte um Seehofers angebliche Geliebte direkt aus der Staatskanzlei lanciert worden seien, könne er nicht sagen. "Aber es kommt auf jeden Fall aus dem Umfeld, aus dem Biotop oder aus dem Ökosystem, das der Ministerpräsident hat wuchern lassen."

Unterdessen hat der CSU-Fraktionsvorstand nach der ausführlichen Diskussion über die Zukunft des bayerischen Ministerpräsidenten vom Vortag seine Beratungen in Wildbad Kreuth fortgesetzt.

"Andere Lösung" als Stoiber für 2008

Zunächst sollten Sachthemen auf der Tagesordnung stehen, bevor am Nachmittag die gesamte CSU-Fraktion zusammenkommt. Bayerns Landtagspräsident Alois Glück (CSU) sagte, die Aussprache am Montag sei "sehr gut" und "ohne jede Verletzungen" gewesen. Dies sei "für sich schon einmal ein Wert". Alles Weitere müsse nun in der Fraktion beraten werden.

Der CSU-Abgeordnete Eberhard Rotter betonte, aus seiner Sicht sei eine Mehrheit des erweiterten Fraktionsvorstands dafür gewesen, dass für die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2008 eine "andere Lösung" als Stoiber gebraucht werde.

Stoiber trat in Kreuth nach Teilnehmerangaben zugleich dem Eindruck entgegen, dass er an seinem Stuhl klebe. Er habe betont, eine gemeinsame Lösung anzustreben. Er müsse nicht erneut kandidieren, wolle dies aber tun.

Wegen der Führungskrise in der CSU sinkt die Beliebtheit der Partei rapide. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern ergab dies nun auch eine Umfrage des ARD-Deutschlandtrends. Bei der Sonntagsfrage kommt die CSU nur noch auf 50 Prozent und hat damit innerhalb von zehn Tagen vier Punkte eingebüßt. Die große Mehrheit der bayerischen Wahlberechtigten (64 Prozent) ist der Umfrage zufolge gegen eine weitere Kandidatur von Ministerpräsident Edmund Stoiber, dessen Zukunft Thema der Fraktionsklausur am (heutigen) Dienstag in Kreuth ist.

Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli hat das Zögern des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber mit einem Verzicht auf seine Ämter bedauert. Im Norddeutschen Rundfunk sagte sie am Dienstag, es mache keinen glücklich zu sehen, "wie jemand so kämpft und den richtigen Zeitpunkt für den Abgang nicht erkennt".

Das erinnere auch an das Ende der Amtszeit Helmut Kohls als Bundeskanzler, fügte die Kritikerin Stoibers hinzu. Mit dem Vorwurf des Bespitzelungsversuchs aus der Staatskanzlei hatte Pauli die gegenwärtige Krise um den Ministerpräsidenten ausgelöst. "Es ist traurig, wie so verdiente Politiker, die auch so viele Erfolge haben, nicht erkennen, wie die Stimmung in der Bevölkerung ist und dann auch rechtzeitig gehen, bevor dann das Ansehen verletzt wird", sagte sie weiter.

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