Drohnenangriff in Pakistan:Al-Qaidas Nummer zwei soll umgekommen sein

Der stellvertretende Al-Qaida-Anführer Abu Jahja al-Libi ist möglicherweise tot. Der Libyer sei bei einem US-Drohnenangriff auf pakistanische Stammesgebiete am Montag ums Leben gekommen, melden mehrere Medien mit Bezug auf amerikanische und pakistanische Regierungsquellen.

Bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan ist möglicherweise der zweithöchste Al-Qaida-Anführer Abu Jahja al-Libi getötet worden. Das berichtete die New York Times unter Berufung auf Regierungsbeamte in den USA und Pakistan.

Abu Jahja al-Libi

Der stellvertretende Al-Qaida-Führer Abu Jahja al-Libi in einem Internet-Video, das im Oktober 2009 veröffentlicht wurde.

(Foto: DB Intel Center/dpa)

Pakistanische Geheimdienstkreise vermuten, dass al-Libi unter den sieben ausländischen Extremisten sei, die am Montag bei dem Angriff im Nordwesten des Landes umgekommen seien. Al-Libi sei schwer verletzt worden und später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Insgesamt haben pakistanische Sicherheitsvertreter die Zahl der Toten des jüngsten Drohnenangriffs mit 15 angegeben.

Ein US-Regierungsbeamter sagte der Nachrichtenagentur AFP, sollte al-Libi tot sein, wäre das ein "schwerer Schlag" für al-Qaida. Denn im August 2011 sei bei einem US-Raketenangriff in Nord-Waziristan schon einmal eine Nummer zwei des Terrornetzwerks getötet worden, nämlich der Libyer Atijah abd al-Rahman.

Bewohner des Dorfs Hesokhel, in dem al-Libi umgekommen sein soll, berichteten, dass sich nach dem Angriff am Montag außergewöhlich viele Extremeisten eingefunden hätten. "Normalerweise begraben sie die Leichen nach einem Drohnenangriff in dem nächstgelegenen Friedhof", sagte einer der Dorfbewohner. "Diesmal haben sie alle Leichen in ihre Fahrzeuge geladen und sie mitgenommen."

Ein Geheimdienstvertreter sagte, die pakistanischen Behörden hätten Telefonate zwischen den Extremisten mitgehört. Dabei sei über den Tod eines "Scheichs" gesprochen worden, was auf einen hochrangigen religiösen Führer verweise. "Sie haben diese Person nicht beim Namen genannt, aber wir haben uns mit einigen unserer Informanten in der Gegend kurzgeschlossen und sie glauben, dass von Libi die Rede war."

Extremist dementiert al-Libis Tod

Ein militanter Befehlshaber in Nord-Waziristan mit engen Verbindungen zu ausländischen Kämpfern dementierte unterdessen den Tod des Al-Qaida-Anführers. Al-Libi sei nicht tot, sagte er. Es sei nicht das erste Mal, dass er für tot erklärt worden sei. "Die Amerikaner erleiden schwere Verluste in Afghanistan, also fallen sie darauf zurück, falsche Behauptungen zu erheben." Tatsächlich war al-Libis Tod fälschlicherweise im Dezember 2009 nach einem US-Drohnenangriff in Süd-Waziristan gemeldet worden.

Al-Libi, ein libyscher Geistlicher mit abgeschlossenen Chemie-Studium, gilt als einer der Haupttheoretiker von al-Qaida. In den vergangenen Jahren veröffentlichte er nach US-Angaben 68 Mitteilungen im Namen der Terrororganisation, außerdem war er mehrfach in Videobotschaften zu sehen. Unter anderem forderte er darin die bewaffneten Aufständischen in Libyen auf, ihren Kampf gegen den damaligen Machthaber Muammar al-Gaddafi fortzusetzen.

Die USA haben ein Kopfgeld in Höhe von einer Million Dollar auf al-Libi ausgesetzt. 2002 war er nach dem Sturz der radikalislamischen Taliban in Afghanistan durch NATO-Truppen in Gefangenschaft geraten. Drei Jahre später gelang ihm die Flucht aus dem US-Hochsicherheitsgefängnis Bagram, was zu seinem Prestige unter den Al-Qaida-Kämpfern beitrug.

Al-Libi wurde zweithöchster Al-Qaida-Führer, nachdem der Ägypter Aiman al-Sawahiri nach der Tötung Osama bin Ladens vor einem Jahr die Führung des Terrornetzwerks übernahm.

Die USA verstärkten seit dem Nato-Gipfel zu Afghanistan im vergangenen Monat in Chicago ihre Angriffe mit unbemannten Drohnen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet. Sollte sich al-Libis Tötung bestätigen, würde der US-Geheimdienst CIA dies wohl als Bestätigung seiner umstrittenen Kampagne werten. Die Amerikaner argumentieren, dass es sich um eine höchst effektive Waffe im Kampf gegen die Extremisten handelt.

Die Regierung in Islamabad räumt ein, dass sich durch den Einsatz der unbemannten Flugkörper einige Vorteile ergäben. Sie betont aber auch, dass dadurch anti-amerikanische Sentiments geschürt werden, da die Strategie als Verletzung pakistanischer Souveränität gesehen werden kann und sie häufig von Kollateralschäden begleitet werde. Die USA hatte bereits am Samstag und Sonntag Luftangriffe geflogen, bei denen mehrere mutmaßliche Aufständische getötet wurden.

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