USA vor der Fiskalklippe:Geithner will zwei Monate Zeit ertricksen

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Laut Finanzminister Geithner erreichen die USA bis zum Jahresende ihre Schuldenobergrenze.

(Foto: Bloomberg)

Republikanern und Demokraten läuft die Zeit davon: Bis Silvester muss im US-Haushaltsstreit ein Kompromiss her, sonst droht eine neue Rezession. Finanzminister Geithner zufolge erreicht das Land zum Jahresende die Schuldenobergrenze - jetzt will er durch Umschichtungen im Etat mehr Zeit für Verhandlungen gewinnen.

Bei der Suche nach einer Lösung im US-Haushaltsstreit wird die Zeit immer knapper. US-Präsident Barack Obama hat seinen Weihnachtsurlaub auf Hawaii abgebrochen und kehrt an diesem Donnerstag nach Washington zurück. Gelingt bis zur Silvesternacht mit den Republikanern kein Kompromiss zum Schuldenabbau, droht den Vereinigten Staaten der Sturz über die sogenannte Fiskalklippe.

Das heißt, auf die Amerikaner kämen vom 1. Januar an Steuererhöhungen und automatische, massive Ausgabenkürzungen zu. Experten warnen vor einer neuen US-Rezession und schweren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Zusätzliche Komplikationen könnte es dadurch geben, dass die USA ausgerechnet am Jahresende erneut ihr Schuldenlimit erreichen. Finanzminister Timothy Geithner teilte dem Kongress mit, dass der derzeitige Rahmen von 16,4 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) am 31. Dezember ausgeschöpft sei.

"Wir werden mit unseren Kollegen weiterhin daran arbeiten, die größte Steuererhöhung in der amerikanischen Geschichte abzuwenden und das zugrunde liegende Problem zu beheben - die Ausgaben", hieß es in einer Erklärung der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus. Wenig später spielte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, den Ball wieder zurück und forderte, die Republikaner sollten einem Gesetzentwurf zustimmen, der Steuererhöhungen lediglich für Einkommen von mehr als 200.000 Dollar im Jahr vorsehe. Der Kompromiss könne "morgen verabschiedet werden", sagte der Senator aus Nevada.

Trotz der jüngsten Initiativen machten sich viele Abgeordneten wenig Hoffnung auf eine Einigung in letzter Minute. "Zum ersten Mal glaube ich, dass wir wohl eher über die Fiskalklippe stürzen werden, als es nicht zu tun", sagte der parteilose Senator Joe Lieberman. Auch der republikanische Senator von Wyoming, Jon Barrasso, glaubt nicht an eine Einigung vor Neujahr. Dafür machte er vor allem das Weiße Haus verantwortlich. "Ich denke, der Präsident will aus politischen Gründen über die Klippe gehen", erklärte Barrasso.

Abgeordnete sehen Chance auf kleine Lösung

Immerhin sehen manche zumindest die Chance auf eine Lösung in einem weit geringerem Umfang als zuerst angepeilt. Der demokratische Senator Mark Warner rechnet mit einer Einigung, die allerdings die Finanzprobleme des Landes nicht ausräumen werde. "Es wird leider wohl nur ein kleiner Deal werden", sagte er. "Es ist aber entscheidend, dass wir einen großen Deal hinbekommen." Obama hatte vor seinem Weihnachtsurlaub bereits signalisiert, sich auf ein kleineres Paket einzustellen. Es beinhaltet, die Steuersenkungen aus der Zeit von Präsident George W. Bush für die meisten Amerikaner beizubehalten und Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt zu vermeiden.

US-Finanzminister Timothy Geithner deutete an, Demokraten und Republikanern im Haushaltsstreit mit buchhalterischen Methoden mehr Zeit verschaffen zu wollen. Eigentlich würde die Schuldenobergrenze von 16,4 Billion Dollar bereits zum Ende des Jahres erreicht. In einem Brief an die Fraktionsführer im US-Kongress kündigte Geithner nun an, durch eine veränderte Rechnungslegung etwa 200 Milliarden Dollar einzusparen und den Parteien so etwa zwei Monate mehr Zeit zu verschaffen.

Vor etwa eineinhalb Jahren hatten die Republikaner ihre Zustimmung zur Anhebung der Grenze mit Sparforderungen verknüpft und Obama damit massiv unter Druck gesetzt. Das Land war damals an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten.

Diesmal dringt Obama auf eine auf zwei Jahre angelegte Anhebung der Schuldenobergrenze, und er lehnt es strikt ab, diese Frage zu einem Teil der Verhandlungen im Haushaltsstreit zu machen. Dabei geht es um ein Programm zum Defizitabbau, das sich nach dem Willen von Obama ausgewogen aus Ausgabenkürzungen und höheren Einnahmen zusammensetzen soll. Hauptstreitpunkt sind mögliche Steuererhöhungen. Obama will, dass reiche Haushalte künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Steuererleichterungen für die Mittelschicht will er dagegen beibehalten.

Vor Jahresende nur "kleine Lösung" möglich

Der republikanische Verhandlungsführer John Boehner hatte zuletzt eine Grenze von einer Million Dollar Jahreseinkommen für Erhöhungen angeboten. Er war dann aber auf massiven Widerstand radikal-konservativer Abgeordneter der Tea-Party-Bewegung gestoßen, die jegliche Steuererhöhungen ablehnen. Das hat die Verhandlungen zusätzlich erschwert.

Obama hatte am Freitag seine Bereitschaft zu einem Kompromiss bekundet. Demnach ist es sein Hauptziel, noch vor Silvester Steuererleichterungen für die Mittelschicht sowie Arbeitslosenleistungen zu verlängern, die sonst zum Jahresende auslaufen würden.

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