Drama von Rodney King:56 Knüppelschläge bei einer Verkehrskontrolle

Los Angeles, 1991: Vier weiße Polizisten schlagen auf einen wehrlosen schwarzen Mann ein. Rodney King wird dabei schwer verletzt, die Täter werden ein Jahr später freigesprochen, L.A. versinkt in Unruhen und Chaos. 20 Jahre danach erscheint nun ein Buch darüber, geschrieben hat es Rodney King selbst.

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Rodney King

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Los Angeles, 1992: Vier weiße Polizisten schlagen bei einer Straßenverkehrskontrolle auf einen wehrlosen schwarzen Mann ein. Rodney King wird dabei schwer verletzt, die Täter werden freigesprochen, L.A. versinkt in Unruhen und Chaos. 20 Jahre später erschien ein Buch darüber, geschrieben hatte es Rodney King selbst.

Was 1992 Jahren passierte, veränderte sein Leben: Vier weiße Polizisten hatten den schwarzen Rodney King bei einer Verkehrskontrolle krankenhausreif geschlagen. Bei der Verhandlung ein Jahr später, im April 1992, wurden die Polizisten trotz eines Videomitschnitts der Tat freigesprochen. Der Urteilsspruch löste schwerste Unruhen aus. Tagelang gingen wutentbrannte Schwarze in den Straßen von L.A. auf Weiße los, die ihnen zu nahe kamen. Bis die Situation wieder unter Kontrolle gebracht werden konnte, starben mehr als 50 Menschen. Zurück blieb Zerstörung - und ein Schaden von einer Milliarde Dollar.

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Ein Rückblick: Es war der 3. März 1991. Nach einer Verfolgungsjagd gelang es Polizeibeamten, den flüchtigen King, der viel zu schnell und vermutlich unter Alkoholeinfluss auf dem 210 Freeway in Los Angeles unterwegs war, zum Anhalten zu zwingen. Rodney King musste aussteigen, ein Handgemenge entstand. Die Polizisten behaupteten später, dass Rodney King sich der Verhaftung widersetzen wollte. In diesem Moment zog Sergeant Stacey Koon seine Taser-Waffe aus dem Schaft und feuerte zwei Schüsse auf King ab. Als die jedoch ihre Wirkung verfehlten, begannen die vier Polizeibeamten, mit ihren Schlagstöcken auf ihn einzuprügeln: Koon gab später zu, den Befehl erteilt zu haben, King "auf seine Gelenke, Handgelenke, Ellbogen, Knie und Knöchel zu schlagen". Nach 56 Knüppelschlägen und fünf oder sechs Tritten kommen einige Polizeibeamten hinzu, die King in Handschellen legen. King wurde auf seinem Bauch an die Straßenseite gezerrt, wo er auf den Krankenwagen warten musste.

Ein Unbeteiligter zeichnete den Vorfall auf: George Holliday, der in der Nähe wohnte, brachte das Video an die Öffentlichkeit. Wie eine Schockwelle ging es rund um die Welt.

Rodney King

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Auch dieses Foto ging durch die Presse - nicht nur in den USA. Es entstand drei Tage nach der Prügelaktion der vier Polizisten. Es war auch eines der drei Bilder, die in der Verhandlung gegen die vier LAPD-Beamten benutzt wurden. Trotz dieser Fotos und dem Video wurden die Polizisten von der Jury freigesprochen. Zuvor gelang es der Verteidigung der vier Beschuldigten, dass das Gericht von Simi Valley, einem Vorort von Los Angeles, die Zuständigkeit zugesprochen bekam. Die Geschworenen waren entsprechend dessen Bevölkerungsanteilen überwiegend weiß.

Das Urteil löste Krawalle aus, die nicht nur Los Angeles, sondern auch ganze Vorstadtgebiete erfassten. Die Wut und Frustration der afro-amerikanischen Gemeinde war nicht mehr zu bremsen. Zu lange fühlten sie sich schon von der Polizei unterdrückt und missbraucht. Es sollten die schwersten Rassenunruhen in der Geschichte der USA werden.

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An dieser Kreuzung zwischen der Florence und Normandie Avenue begannen am 29. April 1992 die ersten Straßenkämpfe. Der LKW-Fahrer Reginald Denny wurde aus seinem Fahrzeug gezerrt und zusammengeschlagen. Es sollte nur der Anfang eines tagelangen Wutausbruchs vor allem junger Schwarzer sein.

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Der Freispruch der vier Polizisten löste eine Kettenreaktion ungeahnten Ausmaßes aus. Nach den ersten Krawallen am 29. April standen in der Nacht bereits mehrere Gebäude im Boys Shopping Center in Flammen.

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Auch am nächsten Tag hatten sich die Krawalle nicht beruhigt - im Gegenteil. Am 30. April 1992 wüteten Plünderer auf dem Parkplatz des ABC Supermarkts in South-Central Los Angeles.

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Die Polizei indes war weitgehend machtlos gegen die außer Rand und Band geratene Menschenmenge. Auf dem Foto versucht ein Polizeibeamter in einem Supermarkt am Alvarado und Beverly Boulevard in Los Angeles einen Plünderer aufzuhalten und richtet sein Gewehr auf ihn.

Demonstration gegen den Prozeß wegen Rodney King, 1992

Quelle: dpa

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Auch in Washington wurde gegen den Freispruch der vier weißen Polizisten demonstriert. Auf den Transparenten stand unter anderem zu lesen: "No Justice in America for Blacks". Die Auseinandersetzung war längst zu einer politischen Debatte geworden.

Rassenunruhen in Los Angeles, 1992

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Das Ende tagelanger Rassenunruhen in Los Angeles: Ein Ladenbesitzer kehrt den Bürgersteig vor seinem Geschäft, während vor dem Haus noch ein umgestürzter Wagen liegt.

Das Ausmaß der Straßenkämpfe war verheerend: Autos wurden zerstört, ganze Häuser und Gebäude abgebrannt. Bis wieder Ordnung in die Stadt eingekehrt war, hatten 55 Menschen ihr Leben verloren, über 2300 Menschen waren verletzt worden, über 1500 Gebäude waren beschädigt oder zerstört worden. 9500 Menschen wurden wegen Randalierens, Plünderei und Brandstiftung verhaftet.

LERMAN KING

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Am 1. Mai 1992 wendet sich Rodney King, begleitet von seinem Anwalt Steven Lerman, zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Er ruft zum Ende der Krawalle auf.

Im August 1992 wurden dann doch noch zwei der Polizisten verurteilt - die anderen beiden blieben freigesprochen. King erhielt nach einem Zivilprozess gegen die Stadt ein Schmerzensgeld in Höhe von 3,8 Millionen Dollar. Das Geld habe er nicht mehr, sagt er heute. Er hatte damit ein eigenes Rap Label, Straight Alta-Pazz Records, gegründet, das jedoch schnell Pleite machte.

Über die nächsten Jahre verstieß Rodney King öfter gegen das Gesetz. 2004 bekannte er sich schuldig, unter Drogeneinfluss gefahren zu sein, nachdem er 2003 mit seinem Wagen gegen einen Strommasten geprallt war. 2005 wurde er wegen Verdacht auf häusliche Gewalt verhaftet. Zuletzt wurde er 2011 verhaftet, nachdem er unter Drogeneinfluss etliche Verkehrsregeln gebrochen hatte.

2007 wurde King erneut zum Opfer, als er an einer Straßenecke in San Bernadino von einer Schrotflinte angeschossen wurde. Er war im Gesicht, an den Armen, Beinen, dem Rücken und Rumpf verletzt. Er schaffte es, mit dem Fahrrad zurück zu seinem Haus in Rialto zu fahren. King hatte Los Angeles zuvor verlassen und war in den Vorort Rialto gezogen, um dort mit seiner Familie zu leben. Dort wurde er am 17. Juni 2012 tot in einem Pool aufgefunden.

Rodney King demonstrates how he was knocked to the ground during a signing of his book ' The Riot Within: My Journey from Rebellion to Redemption ' in New York

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20 Jahre nach den Straßenkämpfen in L.A. wendet sich Rodney King wieder an die Öffentlichkeit. Er hat ein Buch geschrieben: The Riot Within: My Journey from Rebellion to Redemption. "Ich habe es für meine Kinder geschrieben, die nicht die ganze Geschichte gehört haben. Und ich glaube, es geht dem Rest des Landes genauso."

Bei einer Buchvorstellung in New York demonstriert er, wie er damals von den Polizisten niedergeschlagen wurde. Wütend ist der heute 47-Jährige aber nicht. Er sagt, er habe mit dem Zwischenfall, der sein Leben verändert hat, abgeschlossen. Aber noch heute erinnert er sich an jedes Detail: "Ich weiß noch, wie mich einer der Polizeibeamten in den Kopf getreten hat und mich N...r genannt hat, immer und immer wieder. Das ist etwas, das man nicht vergessen kann, vor allem heutzutage, wo so viele ähnliche Dinge geschehen."

King signs his memoir book at the Los Angeles Times Festival of Books in Los Angeles

Quelle: REUTERS

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Auch auf dem Campus der Universität Südkaliforniens in Los Angeles stellte Rodney King sein Buch vor. Wer wollte, bekam auch eine Signatur in die Denkschrift. Denkwürdig ist der Titel zweifellos: Der Kampf in mir: Meine Reise von der Rebellion zur Erlösung. Über seiner Unterschrift steht das Zitat, das ihn damals berühmt machte: "Can we all get along" - Können wir nicht einfach miteinander auskommen?

King war mit einer Jurorin verheiratet, die er während seines Zivilprozesses gegen die Stadt kennengelernt hatte. Er hatte zwei Töchter und zwei Enkelkinder. King kämpfte bis zu seinem Tod gegen die Rassendiskriminierung in Amerika. Bis zum Schluss war er unzufrieden damit, wie es Schwarzen in Amerika geht. "Aber ich muss positiv bleiben und weitermachen. Ich kann mich doch nicht einfach unterkriegen lassen."

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