Donald Trumps USA:Von der Großmacht zur Großmaulmacht

Mal so, mal so: US-Präsident Trump verspielt Amerikas Glaubwürdigkeit. Seine Irrlichterei in der Nordkorea-Politik folgt keiner außenpolitischen Linie, sondern Gefühlen.

Kommentar von Stefan Kornelius

Präsident der Vereinigten Staaten ist man nicht einfach so aus Lust und Laune. Wenn man Präsident ist, hat jedes Wort, jede Silbe, jede Geste Konsequenzen. Deswegen ist bisher noch jeder Präsident sehr behutsam mit seinen Worten umgegangen. Sie sind sein größtes Kapital. Gibt er sein Wort, dann muss am Ende ein ganzes Land dafür haften. So weit Theorie und Praxis aus der Zeit vor Donald T.

In der jetzt aufgeführten Realityshow aus dem Weißen Haus verkommt das Wort des Präsidenten zur Billigware, Politik verkümmert zum Impuls, aus der Großmacht USA ist eine Großmaulmacht geworden. An einem Tag will der Präsident einen Gipfel mit Nordkorea, am nächsten sagt er ihn ab, 24 Stunden später bereitet er sich wieder darauf vor. Politik wird zum launigen Ereignis reduziert, sie produziert nur noch spektakuläre Phrasen, aber keine Inhalte.

Amerikas Präsident wird jetzt als wankelmütig wahrgenommen

Donald Trump zu folgen ermüdet, weil dieser Mann zu viel redet und zu wenig zu sagen weiß. Das Gewicht des Wortes des Präsidenten der Vereinigten Staaten scheint er nicht zu spüren. Trump folgt keiner Strategie, er folgt einem Gefühl, das wiederum einem sehr leicht zu beeinflussenden Geisteszustand zu gehorchen scheint. In der Absage des Treffens folgte er wohl dem Rat der eigenen Experten, die in dieser unkontrollierten und überhasteten Annäherung an Nordkorea eine Gefahr sehen. Sicherheitsberater John Bolton hat sich da unmissverständlich positioniert. Wer sich seit mehr als einem halben Jahrhundert in tiefer Feindschaft gegenübersteht, sollte mit dem Austausch von Freundschaftsbekundungen sparsam beginnen.

Die neuerliche Volte - vielleicht doch ein Treffen - macht die Politik keinen Deut besser. Im Gegenteil: Amerikas Präsident wird jetzt als wankelmütig und unkontrolliert wahrgenommen. Was eigentlich sind seine Maßstäbe für den Umgang mit Kim? Reicht ein freundlicher Brief, um den US-Präsidenten in einer derart wichtigen Frage umstimmen zu können? Oder gibt es tatsächlich Bedingungen, die Washington vor einer Annäherung an Nordkorea stellt? Trump nennt sie nicht, es scheint ihn kaum zu interessieren.

Kim hat gezeigt, wie leicht er Trump manipulieren kann

Es gibt inzwischen eine beachtliche Fraktion von (vor allem amerikanischen) Wahlbürgern, die Trumps Stil für genialisch halten. Hat er mit seiner Überrumpelungspolitik gegenüber Nordkorea nicht alles erreicht, was man erreichen kann? Hat sich das Kim-Regime nicht geöffnet und eine Denuklearisierung versprochen? Die Antwort ist einfach: Nein, hat es nicht. Motiv und Handlungsfähigkeit des Diktators aus Nordkorea bleiben im Nebel. Seine Bereitschaft zur vollständigen nuklearen Abrüstung hat er noch immer nicht persönlich bekundet. Deshalb müssen Taten folgen, die sich überprüfen lassen. Für all das wird Kim einen Preis verlangen. Aber welchen? Amerika hat nur ein Gut, das für den Norden von Interesse sein könnte: die militärische Präsenz in Südkorea.

Trump ist zuzutrauen, dass er ohne eine Sicherheit in den Händen das Risiko eines Treffens mit Kim eingeht. Schon jetzt hat Kim gezeigt, wie leicht er Trump manipulieren kann, er hat die Führung in diesem Tanz übernommen und verlangt Sicherheitsgarantien - ein großes Wort, das selbst die besten Verhandler nicht binnen zwei Wochen mit Leben füllen können. Trump wird die Lücke schließen: mit Geschwätz und leeren Gesten.

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