Donald Trump:Warum Trumps Anhänger zu ihm halten

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Die meisten Anhänger Donald Trumps unterstützen ihn bedingungslos. (Foto: REUTERS)
  • Unter seinen Anhängern ist Donald Trump weiterhin sehr beliebt, kaum jemand bereut, ihn zum US-Präsidenten gewählt zu haben.
  • Den Rückzug der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen, der den Rest der Welt entsetzt hat, bewerten von der SZ kontaktierte Republikaner sehr positiv.
  • Angst vor einer Isolation der USA, etwa beim G-20-Gipfel in Hamburg, haben die Trump-Fans nicht: "Wir wollen uns nichts vorschreiben lassen."

Von Matthias Kolb

Seit etwas mehr als fünf Monaten ist Donald Trump US-Präsident und dominiert seither die täglichen Schlagzeilen. Im historischen Vergleich ist der Republikaner unbeliebt: Nur vier von zehn Amerikanern beurteilen seine Arbeit positiv, 54 Prozent fällen ein eindeutig negatives Urteil. Normalerweise geben die US-Bürger dem neuen Mann im Weißen Haus einen Vertrauensvorschuss, doch Trump ist alles andere als ein gewöhnlicher Präsident.

Außerhalb der USA und gerade in Europa fällt das Urteil noch härter aus: Laut einer aktuellen Studie vertrauen nur elf Prozent der Deutschen darauf, dass Trump in der Außenpolitik die richtigen Entscheidungen treffen werde. Wenn Trump das Pariser Klima-Abkommen aufkündigt, ein Einreiseverbot für Muslime fordert, die Nato-Partner brüskiert, Journalisten attackiert oder die Unabhängigkeit der Gerichte in Frage stellt, dann wird dies in deutschen Medien klar und eindeutig kritisiert.

Was zwischen all den Meldungen über die neuesten Leaks und Gerüchte, den permanenten präsidentiellen Tweets und den Anhörungen vor diversen Ausschüssen des US-Kongresses untergeht, sind die Meinungen jener US-Amerikaner, die Trump am 8. November sensationell ins Amt gewählt haben. Deren Treue ist nahezu unerschütterlich und hält Trump im Amt.

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Auf Twitter verspottet Trump das Aussehen einer Fernsehmoderatorin. Und beschimpft sie als "Crazy Mika" mit niedriger Intelligenz. Auch konservative Abgeordnete finden: Das ist unter der Würde des Amts.

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Mitte Februar dokumentierte die SZ im Text "Dank Trump fühlen wir uns AMAZING", wie Anhänger des neuen Präsidenten dessen Start beurteilen. Drei Monate und nach immer lauteren Rufen nach einem Impeachment Trumps ist ein Update angebracht.

Wie fühlt sich also die konservative Hälfte Amerikas? Vergangene Woche habe ich per E-Mail und Facebook Fragen an ein Dutzend US-Wähler geschickt, die ich 2016 als Reporter im Wahlkampf getroffen hatte. Sechs haben zurückgeschrieben und obwohl die Auswahl natürlich nicht repräsentativ ist, sind die Antworten erhellend. Sie erklären zumindest ein wenig, warum Trump so handelt, wie er es tut - und nach welchen Kategorien der US-Präsident bewertet wird.

"Erbärmliche" Ermittlungen zu Trumps Russland-Connections

Äußerst klar ist die Meinung über den Rauswurf von FBI-Chef James Comey. Der Antwort von Charlene Schambach "Man hätte Comey schon viel früher entlassen sollen" stimmen alle zu. Ted Kirkpatrick aus Virginia hat noch immer kein Verständnis für Comeys Urteil in den Ermittlungen wegen Hillary Clintons privatem E-Mail-Server: "Ich war Soldat in der Armee und kenne viele, die für die Regierung tätig waren. Alle sind sich sicher: Wir wären im Gefängnis gelandet, wenn wir gehandelt hätten wie Hillary."

Wenig überraschend finden sich die Worte und Slogans des US-Präsidenten in den Antworten seiner Fans wieder. Die Untersuchungen des US-Kongresses und die Recherchen von Sonderermittler Bob Mueller über mögliche Verbindungen zwischen Russland und dem Trump-Wahlkampfteam sehen alle als "Hexenjagd" an. "Es gibt keine Beweise, obwohl das FBI schon so lange ermittelt", sagt Dennis Wilkey aus Indiana.

Frank Rush, ein konservativer Radio-Moderator, argumentiert so: "Natürlich haben die Russen versucht, die Wahl zu beeinflussen. Die Frage ist nur: Wie? Es ist in den USA nahezu unmöglich, die Auszählung der Stimmen zu ändern. Haben sie versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen? Sicher, aber das machen wir Amerikaner seit Jahren auch."

Ted Kirkpatrick findet das Spektakel "erbärmlich" und glaubt, dass in den Ermittlungen maximal einem Trump-Mitarbeiter widersprüchliche Aussagen nachgewiesen werden können, worauf eine Anklage wegen Meineid folgt. Er hält die Demokraten für scheinheilig und erinnert daran, dass Barack Obama im Frühjahr 2012 dem Russen Dmitrij Medwedjew zuraunte "Nach meiner Wiederwahl werde ich flexibler sein" und die Clinton-Stiftung mit zwielichtigen Personen des postsowjetischen Raums kooperiert habe.

Die Enthüllungen der Medien? Interessieren kaum

Dieses Argument überzeugt nicht, wenn man sich darum sorgt, dass Moskau weltweit das Vertrauen in demokratische Prozesse unterminieren will. Es illustriert aber die Polarisierung in den USA - auf Kritik und Vorwürfe wird meist mit einer Gegenattacke gekontert und Hillary Clinton ist immer noch ein Feindbild für Amerikas Konservative.

Dass Trump-Fans die Berichte von New York Times, Washington Post, CNN oder ABC nicht ernst nehmen, ist hinlänglich bekannt und spiegelt sich in den Antworten wieder. "Sie haben alle ihre Agenda und sind parteiisch", schreibt Frank Rush und ergänzt lapidar: "Die Leute verbringen zu viel Zeit bei Facebook, anstatt einfach ihr Leben zu leben."

Evan McLaren, ein angehender Anwalt aus Pennsylvania, nennt die Medien schlicht "bösartig": Sie seien im Besitz von Großunternehmen und hätten kein Interesse, den Status Quo zu ändern. Auch wenn sich Trump regelmäßig im Ton vergreift, verteidigen McLaren und andere seine Tweets: "Nur so kann er ungefiltert und ohne Verzerrungen zu den Bürgern sprechen."

"2016 haben die Journalisten Trump alles durchgehen lassen, weil sie dachten, dass Clinton ihn locker besiegt. Nun wollen sie das korrigieren, aber dadurch tun die Reporter uns Amerikanern einen schlechten Dienst: Sie berichten fast immer negativ und oft stimmen die Fakten nicht", sagt Kirkpatrick. Der Mann in Virginia hat widerwillig Trump gewählt ( "Von allen 17 Kandidaten der Republikaner war er Nummer 17"), doch die Warnungen der Opposition und vieler Experten (Trump sei "eine Gefahr für die Demokratie") bestärken ihn, den Demokraten nicht zu trauen.

Er nennt die Rhetorik der Demokraten und der Medien "extrem gefährlich", was das Attentat auf das Baseball-Training der republikanischen Politiker vor zwei Wochen gezeigt habe. Kirkpatrick, ein zurückhaltender Finanzberater, sorgt sich, dass weitere Angriffe folgen, wenn Politiker wie Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Hillary Clinton nicht aufhören würden, die Republikaner als "Partei des Todes" zu bezeichnen, weil sie die republikanische Reform von Obamacare ablehnen.

Dass laut unabhängigen Schätzungen mehr als 20 Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung nach den Plänen der Republikaner verlieren würden, ändert wenig am Urteil der Trump-Fans. "Es sollte eine wichtige Priorität für ihn sein, den nahenden Kollaps von Obamacare zu verhindern", sagt Charlene Schambach - diese Meinung ist ständig bei Fox News zu hören, aber wird von unabhängigen Experten nicht geteilt ( Details hier). Alle beklagen die exorbitanten Kosten für Gesundheitsvorsorge in den USA, doch für KC Lombard ist eine Krankenversicherung "kein Recht". Jeder sollte selbst vorsorgen, so seine Idee, und die Bundesstaaten "wie im Labor" um die besten Konzepte konkurrieren.

Stets schwingt der Vorwurf der Vorverurteilung mit und die Klage, dass Trump kaum eine Chance erhalte, seine Ideen umzusetzen. Den aggressiven Tonfall kritisiert auch die Maklerin Kate Krusko aus New Jersey, die früher die Demokraten gewählt hat. "Die Partei hat keine Ideen und keine Anführer. Ich wohne in einem bunten Staat voller Gegensätze und glaube an die VEREINIGTEN Staaten von Amerika", sagt die 68-Jährige. Den Demokraten wirft sie vor, die Gesellschaft mit den Themen "Identität" und "Vielfalt" spalten zu wollen. Trump sei kein Ideologe, sondern ein Pragmatiker.

Kaum Verständnis für Aufregung um den Pariser Klima-Deal

Als ich mich per E-Mail und Facebook an ein Dutzend Trump-Fans wandte, die ich während des Wahlkampfs 2016 kennengelernt hatte, war die aktuelle Pew-Studie noch nicht veröffentlicht. Diese Umfrage in 37 Ländern zeigt, dass das internationale Ansehen der USA seit Trumps Amtsantritt deutlich gelitten hat. Gerade der Ausstieg aus dem Pariser Klima-Deal wird in Europa sehr kritisch gesehen, weshalb ich wissen wollte, ob die Trump-Fans fürchten, dass dieser Schritt die USA isolieren würden.

Internationale Umfrage
:Trump beschädigt Amerikas Ansehen in der Welt

Laut einer Pew-Umfrage in 37 Ländern haben nur noch 22 Prozent Vertrauen in den US-Präsidenten. Bei Vorgänger Obama lag der Wert dreimal höher. Trump wird mehrheitlich als "arrogant" und "intolerant" beschrieben.

Von Matthias Kolb

"Ich weiß nicht, warum alle so aufgeregt sind wegen des Pariser Abkommens", schreibt Frank Rush. Seine Hörer seien überzeugt, dass der Deal "unfair" gewesen sei. Die USA würden nun in "modernste Technik" investieren und selbst dafür sorgen, dass die Umwelt noch weniger verschmutzt werde.

"Wir stimmen weiter dem 'America First'-Motto zu und wollen uns nichts vorschreiben lassen", meint Charlene Schambach. Strenge Umweltauflagen hätten Jobs in den USA gekostet. Für Dennis Wilkey war der Pariser Deal "ein Riesenprogramm zur Umverteilung von Wohlstand". Genauso sieht es Ted Kirkpatrick: "Klimawandel hat es schon gegeben, bevor Menschen auf der Erde auftauchten und es wird ihn immer geben." Auch vor dem G-20-Gipfel in Hamburg ist dieses Meinungsbild aufschlussreich: Trumps Ausstieg aus dem Klima-Deal kommt an der Basis gut an, zumal er dies im Wahlkampf angekündigt hatte

Kate Krusko ist überzeugt, dass Donald Trump intensiv daran arbeitet, seine Versprechen zu erfüllen. Die Wirtschaft wachse weiter und Krusko ist überzeugt, dass sich die nationale Sicherheit verbessert habe. "Ich bin bisher sehr zufrieden", schreibt sie mir. Ganz konkret hatte ich gefragt, welche Schulnote die Fans von Präsident Trump für seine ersten fünf Monate im Amt geben würden. Von John und Charlene Schambach aus Florida bekommt er "acht von zehn Punkten". Dennis Wilkey gibt Trump eine glatte Eins, weil dieser seine Versprechen einhalte und das System verändern wolle: "Er hat (das Freihandelsabkommen) TPP gekillt, den Bau der Dakota-Pipeline beendet und dafür gesorgt, dass unfähige Beamte der Veteranen-Behörde gefeuert werden können."

Frank Rush gibt ihm eine 2, weil sich der Präsident zu leicht ablenken lasse. Evan McLaren schwankt zwischen einer 2- und einer 3+: Ihm missfällt, dass Trump die Dekrete Obamas zum Schutz illegal eingereister Migranten nicht kündigt ("das ist eine Amnestie") und die Versprechen des Wahlkampfs nicht umsetzt, das militärische Engagement der USA in Nahost zu beenden: "Die Drohungen gegenüber Syrien sorge doch nur für noch mehr Chaos."

Ted Kirkpatrick bewertet Trumps Leistung als "eher durchschnittlich, aber nicht fürchterlich". Ihn beeindruckt, dass der neue Präsident oft lobende Worte und Gesten für Polizisten, Soldaten und "normale" Bürger finde. Er lobt vor allem eine Personalie: "Es ist sein größter Verdienst, dass Neil Gorsuch nun Richter am Supreme Court ist." Alle aus der kleinen Gruppe hoffen, dass der erst 49 Jahre alte Gorsuch die Urteile des Obersten Gerichtshof in den kommenden "drei bis vier Jahrzehnten" in eine konservative Richtung lenken wird.

Die soeben getroffene Entscheidung, im Oktober über das umstrittene Einreiseverbot zu entscheiden, zeigt eindeutig, wie wichtig der Supreme Court im politischen System der USA ist. Ein weiterer Minister wird oft genannt: Mit General James Mattis habe Trump den richtigen Mann ins Pentagon geschickt, meint etwa KC Lombard aus South Carolina. Dass die Unterstützung seiner Fans nur wenig abnimmt, belegen zahlreiche Umfragen: Ende April sagten nur zwei Prozent der Trump-Wähler, dass sie ihre Entscheidung vom 8. November bereuen würden und laut der Kaiser Family Foundation waren vor einem Monat 54 Prozent der Bürger in ländlichen Gebieten mit Trumps Start zufrieden.

Trumps Politik-Stil bleibe "erfrischend"

Entsprechend klar ist die Antwort auf die Frage, ob sich die Wahrnehmung von Donald Trump geändert hat: "Nein, ich sehe ihn mit gleichen Augen. Die Medien versuchen, alles anders darzustellen, als es eigentlich ist", meint Dennis Wilkey. Gleiches gilt für jene Republikaner, die den Unternehmer seit Monaten eher skeptisch beurteilen. "Ich hatte gehofft, dass er in den Job 'hineinwächst', aber er lässt sich weiterhin zu leicht durch die dämliche Rhetorik der Linken ablenken", sagt Ted Kirkpatrick.

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Die Perspektive von KC Lombard aus South Carolina ist insofern interessant, weil der Handwerker zwar überzeugter Konservativer ist, aber Trump für eine unmoralische Person hält. Lombard schreibt: "Ich konnte 2016 nicht für ihn stimmen, aber ich bin nicht unglücklich über seinen Sieg."

Frank Rush hingegen kennt die Stimmung im Mittleren Westen. Er lebt seit 53 Jahren in Indiana und moderiert täglich die Morgen-Show des Senders WIBQ, wo mit Rush Limbaugh und Sean Hannity die Könige des konservativen Talkradios zu hören sind.

Alle kontaktierten Trump-Wähler würden wohl nicken, wenn sie Rushs Fazit hören würden: "Es ist weiter erfrischend, dass Trump kein typischer Politiker ist, der in seiner langen Karriere alle Kanten verloren hat." Ihn erinnere Trump an die Ideen der Gründerväter, sagt Rush: "Die Politiker sollten ihre Farm oder Unternehmen für ein paar Jahre verlassen, in Washington Gesetze verabschieden und dann in ihren Alltag zurückkehren."

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