Donald Trump:Präsident im israelischen Porzellanladen

  • US-Präsident Trump besucht zum ersten Mal Israel - dort wundert man sich über die chaotische Planung.
  • Zudem wird das Treffen mit Israels Regierungschef Netanjahu von Trumps Plaudereien über Geheimdienstinformationen überschattet. Diese kamen offenbar aus Israel.
  • Unmut erregt auch ein geplanter Besuch an der Klagemauer und in Bethlehem, wo Trump sich mit den Palästinensern treffen will.

Von Peter Münch, Tel Aviv

So schnell ist noch kein US-Präsident zu Besuch nach Israel gekommen: Barack Obama sparte sich die Reise nach Jerusalem für die zweite Amtsperiode auf, auch George W. Bush ließ sich lange bitten, doch Donald Trump gibt dem jüdischen Staat gleich auf seinem ersten Auslandstrip die Ehre. Gewiss, es gibt da diesen Schönheitsfehler eines Reisebeginns in Riad, und obendrein will sich Trump auch noch in Bethlehem mit den Palästinensern treffen. Doch Premierminister Benjamin Netanjahu will die glänzende Symbolik nicht davon überschatten lassen. Die an diesem Montag beginnende Visite hat er deshalb vorab schon mal als "historisch" eingeordnet. Es kommt ja jener Präsident, der stets betont hat, es gebe "keinen, der mehr pro Israel ist als ich". Folglich kann man den Besuch durchaus als Liebes- und Treuebeweis werten. Aber man muss es nicht.

Denn die anfängliche Euphorie über die Wahl Trumps ist auch in Israels rechtem Regierungslager mittlerweile einer verkaterten Unsicherheit gewichen, und der Vorlauf dieser Reise hat das noch einmal bestärkt. Da ist zum einen die Verwunderung über die chaotische Planung des exakt 28 Stunden langen Aufenthalts durch die Trump-Truppe, die fast bis zur letzten Minute ständig die Orte und Termine durcheinanderwirbelte. Von "Amateuren" und von "Balagan" ist da nun in Jerusalem verärgert die Rede, und mit Balagan - zu Deutsch: Durcheinander - wird ansonsten eigentlich immer nur die israelische Planungskompetenz beschrieben. Doch zusätzlich zu den Schweißperlen haben die Amerikaner bei ihren Gastgebern auch noch manche Zornesfalte auf der Stirn provoziert, weil sie an kaum einer Falle oder einem Fettnapf vorbeikamen.

Der Reise ging ein gefahrvoller Vertrauensbruch voraus

Die Liste dazu fängt an mit der unglückseligen Meldung, dass Trump israelische Geheimdienst-Informationen aus Syrien an die Russen weitergereicht haben soll. Ausgerechnet an die Russen, die dort mit Israels Erzfeinden Iran und Hisbollah verbündet sind. Netanjahu und die Seinen bemühen sich zwar öffentlich recht tapfer, das herunterzuspielen. Aber hinter den Kulissen ist der Ärger über den gefahrvollen Vertrauensbruch deutlich spürbar.

Dann leisteten sich Außenminister Rex Tillerson und der für die sozialen Medien zuständige Dienst des Weißen Hauses den Lapsus, von "Palästina" zu sprechen, obwohl die USA den Staat natürlich längst noch nicht anerkannt haben und korrekterweise von den "palästinensischen Gebieten" reden müssten. Schlimmer war aus israelischer Sicht nur, was dann noch kam, als es um die Klagemauer ging. Die will Trump am Montagnachmittag besuchen, und als die Israelis ihre Hilfe bei der Vorbereitung anboten und Netanjahu wissen ließ, dass er dort am heiligsten Ort des Judentums gern an seiner Seite stehe, gab es eine Abfuhr: Die Klagemauer, so sagten die amerikanischen Emissäre, liege nicht in Israel, sondern im palästinensischen Westjordanland.

Besser hätte man die rechte Regierung in Jerusalem nicht auf die Palme bringen können, und auf lautstarken Protest folgten ein paar verschlungene Distanzierungen aus Washington. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Sichtweise völkerrechtlich korrekt ist, denn die Jerusalemer Altstadt gehört zu den von Israel 1967 besetzten Gebieten. Die spätere Annexion des arabischen Ostteils der Stadt ist international nicht anerkannt worden. Besonders schmerzhaft für die Israelis war nun aber, dass es ja gerade Trump gewesen ist, der in Israel die Hoffnung auf eine Änderung genährt hat mit seinem Versprechen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Doch daran will er heute lieber nicht mehr erinnert werden. Den Besuch an der Klagemauer hat er jetzt als "privat" deklariert. Zumindest weiß er nach diesem ganzen Ärger, warum noch kein amtierender US-Präsident vor ihm den Wunsch zu einem Besuch dort verspürte.

Trump fordert Zurückhaltung beim Siedlungsbau

Wenn Trump nun in Israel landet, markiert dies also auch eine Landung auf dem Boden der Wirklichkeit. Konkret heißt das: im politischen Minenfeld. Wenn der US-Präsident tatsächlich den "ultimativen" Friedensschluss zwischen Israelis und Palästinensern befördern will, wie er es oft und gern betont, dann muss er streng auf einen Ausgleich der Interessen achten. Für die israelische Seite birgt das die enttäuschende Einsicht, dass es anders als verheißen nun keine freie Hand beim Siedlungsbau gibt oder gar eine Beerdigung des Konzepts der Zweistaatenlösung. Vielmehr wird Trump beim Abendessen mit Netanjahu ein paar Gesten des guten Willens gegenüber den Palästinensern einfordern. Vorauseilend kam am Sonntag bereits das israelische Sicherheitskabinett zusammen, um über wirtschaftliche Erleichterungen zu reden. Schwieriger wird es, wenn es um die von Trump bereits angemahnte Zurückhaltung beim Siedlungsbau geht. Diese Frage könnte Netanjahus Koalition zerreißen.

Fast angenehmer dürfte es da für den US-Präsidenten am Dienstag in Bethlehem werden. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hat schon jüngst bei seinem Besuch in Washington eine erstaunliche Geschmeidigkeit demonstriert, um Trump für sich und seine Sache einzunehmen. Das Ergebnis der fast peinlichen Schmeicheleien kann sich sehen lassen: Obwohl es Trump bislang vermieden hat, sich öffentlich auf eine Zweistaatenlösung festzulegen, sprechen amerikanische Offizielle plötzlich fast standardisiert von "Würde und Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser". Besser könnte das auch Abbas nicht ausdrücken, und so hat er es ja auch im Weißen Haus zu Trump gesagt.

Trump selbst lässt keine Gelegenheit mehr aus, die "großartige Möglichkeit" zum Friedensschluss anzupreisen. Spekuliert worden war sogar über ein Dreier-Treffen zwischen ihm, Netanjahu und Abbas, doch davon steht nichts im Programm. Zum Abschluss des Besuchs will der US-Präsident nun am Dienstag im Jerusalemer "Israel Museum" noch eine programmatische Rede halten. Die Erwartungen, dass er einfach mal den gordischen Knoten durchschlägt, werden sich wohl kaum so schnell erfüllen. Am Ende könnten eher viele froh sein, wenn er wieder im Flugzeug sitzt und keinen weiteren Schaden angerichtet hat.

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