Diskussion um Rückzug:Bush: Wir bleiben im Irak

Bei Außenminister Powell hatte sich das noch ganz anders angehört. Nun aber sprach Präsident Bush ein Machtwort. Mit einem baldigen Truppenabzug sei nicht zu rechnen. Als Konsequenz aus der Folteraffäre hat das Verteidigungsministerium unterdessen Verhörmethoden wie Schlafentzug oder Isolierhaft in irakischen Gefängnissen verboten.

US-Präsident George W. Bush hat sagte am Samstagabend, dass die amerikanischen Streitkräfte im Irak so lange bleiben, bis sich das Land selbst verteidigen kann. Einen Tag zuvor hatte Außenminister Colin Powell gesagt, die Truppen würden abgezogen, falls die Übergangsregierung, die am 1. Juli die Regierungsverantwortung übernehmen soll, dies verlange.

Wie aus dem Pentagon verlautete, werde der Oberkommandierende in Irak, General Ricardo Sanchez, einige besonders brutale Techniken nicht mehr gestatten.

Dazu gehören Schlafentzug von mehr als 72 Stunden, Isolierhaft von mehr als 30 Tagen und Stresspositionen, in denen Gefangene mehr als 45 Minuten in schmerzhafter Hockhaltung verharren mussten. Zudem dürfen Hunde nicht mehr zur Einschüchterung von Häftlingen eingesetzt werden. Bis zum Donnerstag waren diese Methoden mit der Zustimmung des Oberkommandos zulässig.

Am Donnerstag hatte der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz im Senat eingeräumt, dass einige von amerikanischen Soldaten in Irak angewandten Verhörmethoden gegen die Genfer Konvention verstoßen.

Auf die Frage, ob er Bilder eines nackten, in einer schmerzhaften Position gefesselten Gefangenen mit verhülltem Haupt als mit internationalem Recht vereinbar betrachte, sagte Wolfowitz: "Was sie mir beschreiben, klingt wie eine Verletzung der Genfer Konventionen."

Die Hiobsbotschaften aus dem Irak setzen der Regierung Bush inzwischen immer stärker zu. Zum zweiten Mal in dieser Woche zeigt eine Umfrage, dass die Unterstützung der Amerikaner für den Krieg und für Bush selbst rapide sinkt. Nach jüngsten Meinungsumfragen profitiert der demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry von der Stimmung. 51 Prozent der Wähler sprachen sich für Kerry aus, 46 für Bush.

Weiter viele Tote und heftige Kämpfe

Im Irak kamen bei mehreren Zwischenfällen nach Angaben des US-Militärs mehr als 40 Menschen ums Leben. Südlich von Amara hätten britische Soldaten 16 militante Schiiten getötet. Zwei Briten seien verletzt worden. Bei einem Mörserangriff auf eine Rekrutierungsstelle in Mosul seien mindestens vier Iraker getötet und 15 verletzt worden.

Im Westen von Bagdad seien sieben Aufständische bei Gefechten getötet worden. Bei mehreren Zusammenstößen mit US-Soldaten in der Bagdader Vorstadt Sadr-City seien in der Nacht zum Samstag 14 schiitische Milizionäre ums Leben gekommen. Ein US-Soldat und ein Zivilist wurden beim Einschlag einer Rakete im Zentrum von Bagdad verletzt. Drei US-Soldaten seien ihren Verletzungen erlegen, die sie am Vortag bei Angriffen im Umland von Bagdad erlitten hatten.

Chefredakteur des "Daily Mirror" entlassen

Im Skandal um gefälschte Fotos von Misshandlungen irakischer Gefangener durch britische Soldaten ist der Chefredakteur des "Daily Mirror", Piers Morgan, entlassen worden. Die Verlagsleitung der linksgerichteten britischen Boulevardzeitung entschied, dass es für den 39 Jahre alten Journalisten "unangemessen" sei, "weiter Chefredakteur des "Daily Mirror" zu sein, weshalb er mit sofortiger Wirkung zurücktritt".

Das Verteidigungsministerium gab unterdessen bekannt, dass vier britische Soldaten im Zusammenhang mit Misshandlungsvorwürfen vorübergehend festgenommen wurden.

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