Diskriminierte Minderheiten:Verfolgt, vertrieben, verzweifelt

Weltweit werden Millionen Minderheiten aus den unterschiedlichsten Gründen verfolgt. Sie erleben, was es bedeutet, von der Gesellschaft ausgeschlossen und schutzlos staatlicher Willkür und Gewalt ausgesetzt zu sein. Beispiele aus aller Welt.

Von Eileen Splitt

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Quelle: AFP

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Weltweit werden nach UN-Angaben 900 Millionen Menschen verfolgt, weil sie einer Minderheit angehören. Sie werden von der Gesellschaft ausgeschlossen und sind schutzlos staatlicher Willkür ausgesetzt. Ein Überblick über ausgewählte Minderheiten in Bildern.

Für die UN gelten sie als die am meisten verfolgte Minderheit der Welt: die Rohingyas. Die muslimische Volksgruppe lebt im Westen von Myanmar an der Grenze zu Bangladesch. Im buddhistisch geprägten Myanmar werden sie nicht nur wegen ihrer Religion verfolgt. Auch äußerlich setzen sie sich mit einer dunkleren Hautfarbe und einer eigenen Sprache und Kultur vom Rest des Landes ab. Von der Regierung im Vielvölkerstaat Myanmar werden sie als ethnische Minderheit nicht anerkannt und als illegale Einwanderer betrachtet, genauso wie im Nachbarland Bangladesch. Damit ist die große Mehrheit der Rohingyas staatenlos.

Weltweit gibt es etwa zwei Millionen Rohingyas, 800.000 von ihnen leben im Westen Myanmars im Rakhine-Staat, etwa 300.000 in Bangladesch, viele Tausend in Thailand und Malaysia. In Myanmar hat die Mehrheit der Gesellschaft eine tief sitzende Abneigung gegen die Muslime. Präsident Thein Sein hatte nach dem Ausbruch der ersten Gewaltwelle gesagt: "Wir kümmern uns um unsere ethnischen Bürger, aber es ist nicht möglich, die Rohingyas zu akzeptieren." Menschen- und Hilfsorganisationen sprechen von Genozid-ähnlichen Zuständen.

2012 kam es zu massiven ethnischen Unruhen zwischen Rohingyas und Buddhisten. Mehrere zehntausend Menschen sind aus dem Land geflüchtet, Dutzende wurden getötet.

RNPS IMAGES OF THE YEAR 2010

Quelle: REUTERS

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Die Ahmadiyya-Gemeinschaft ist eine religiöse Gruppe, von der etwa eine Million Mitglieder in Pakistan leben. Die Ahmadis bezeichnen sich selbst als Muslime, werden aber als solche nicht anerkannt. Das pakistanische Gesetz verbietet es Ahmadis, sich als Moslems zu bezeichnen, ihren Glauben zu predigen und muslimische Gebete auszusprechen. Sollten sie sich dagegen widersetzen, drohen ihnen nicht nur hohe Geldstrafen und Gefängnis. Ein Verstoß kann ihnen als Blasphemie (Gotteslästerung) ausgelegt werden. Darauf steht in Pakistan die Todesstrafe. Gewalt gegen Ahmadis ist damit gesetzlich legitimiert. Moscheen der Relgionsgemeinschaft werden geschändet oder niedergebrannt. Innerhalb der Gesellschaft sind sie isoliert.

Ahmadis suchen Schutz vor bewaffneten Attentätern. Diese hatten zuvor auf betende Ahmadis in Moscheen in Lahore (Pakistan) geschossen.

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Quelle: AFP

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Sinti und Roma gelten als die größte ethnische Minderheit Europas. Ihre Zahl wird auf etwa zwölf Millionen Menschen geschätzt. Die meisten sind Diskriminierung ausgesetzt und werden stigmatisiert. Eine Studie der EU- Kommission von 2011 belegt, dass durchschnittlich einer von fünf befragten Roma in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Opfer rassistisch motivierter Straftaten wurde. Die meisten Roma leben in Rumänien, Bulgarien, Spanien, Ungarn und Serbien. Besonders in Osteuropa ist ihre Lage prekär. Sie leben in bitterer Armut am Rande der Gesellschaft, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Außerdem werden sie vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, ihnen wird der Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und öffentlichen Einrichtungen verwehrt. Der Begriff "Sinti" bezeichnet die deutsch-stämmigen Roma.

Eine Roma Frau läuft durch einen Slum im serbischen Belgrad.

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Quelle: AFP

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Die Adivasi sind die Ureinwohner Indiens. Der Gesellschaft für bedrohte Völker zufolge, bilden sie die weltweit größte indigene Bevölkerung innerhalb der Grenzen eines einem Landes. Etwa 90 Millionen Adivasi leben in Indien in einfachen Verhältnissen. Die meisten von ihnen betreiben Land- und Viehwirtschaft. Obwohl die indische Verfassung formal Minderheiten unter besonderen Schutz stellt, werden die Ureinwohner vertrieben, in ihren Rechten unterdrückt und ausgebeutet. Zehn Millionen Adivasi leben mittlerweile in städtischen Slums, mehrere Millionen sind in Schuldknechtschaft geraten. Ähnlich wie Sinti und Roma werden auch sie stigmatisiert. Sie gelten als rückständig, unterentwickelt und werden von der Gesellschaft ausgestoßen.

Gespannte Ruhe in Uiguren-Provinz

Quelle: dpa

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Die Uiguren sind ein muslimisches Volk, das im Westen Chinas in der Provinz  Xinjiang lebt. In ihrer Heimatprovinz werden die rund zehn Millionen Uiguren jedoch bald eine Minderheit sein, weil sich immer mehr Han-Chinesen in Xinjiang ansiedeln. Sie werden Han-Chinesen gegenüber auf allen Ebenen benachteiligt. Es gibt keine freie Meinungsäußerung, keine Religionsfreiheit und kein gerechtes Bildungssystem. An uigurischen Universitäten, Schulen und Kindergärten ist Han-Chinesisch die offizielle Unterrichtssprache. Die Unterdrückung soll vor allem die Macht der Pekinger Regierung in der rohstoffreichen Gegend festigen.

The Twa People - Rwanda's Indigenous Potters

Quelle: dpa

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250.000 Angehörige der indigenen Völker in den zentralafrikanischen Ländern werden unter der abwertenden Bezeichnung "Pygmäen" zusammengefasst. Darunter das Volk der Twa, auch Batwa genannt. Den Twa gehören etwa  80.000 Menschen an, die hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo, Uganda, Ruanda und Burundi leben. In Uganda haben sie durch den Bau von Nationalparks und massiver Abholzung ihre Lebensgrundlage verloren. In Ruanda sind sie die vergessenen Opfer des Genozids 1994. Nach Schätzungen der Organisation der nicht-repräsentierten Nationen und Völker (UNPO) starben während dieses ethnisch motivierten Konflikts 10.000 von ihnen, mehr als ein Drittel der gesamten ruandischen Twa. Sie werden diskriminiert, ausgebeutet, gelten als "Untermenschen" und werden von Schulbildung und Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Von vielen Regierungen werden sie nicht als Staatsbürger anerkannt.

Die Twa sind tradtionell ein Volk der Jäger und Sammler. Nachdem sie vierlorts ihre Jagdgebiete verloren haben, stellen sie in Ruanda nun Keramik- und Töpferwaren her.

© sz.de/esp/mikö
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