Dirk Niebel: Israel-Schelte:Beistand vom Chef

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"Unangemessen": Außenminister Guido Westerwelle springt Kollege Dirk Niebel zur Seite. Nach seiner Israel-Schelte sieht sich der Entwicklungshilfeminister heftiger Kritik ausgesetzt.

Daniel Brössler

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat Kritik an seinem Parteifreund, Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, wegen dessen Israelbesuchs als "unangemessen" zurückgewiesen. "In der sehr schwierigen Nahost-Frage sollte sich die deutsche Politik gemeinsam aufstellen. Da sollte jeder darauf verzichten, parteipolitische Punkte sammeln zu wollen", sagte Westerwelle der SZ. Niebel war bei einem Israelbesuch am Wochenende die Einreise nach Gaza verweigert worden. Die Opposition, aber auch der Zentralrat der Juden in Deutschland, hatte Niebel darauf vorgeworfen, sich mit dem absehbaren Platzen des Gaza-Besuchs in Szene setzen zu wollen. Dem widersprach Westerwelle: "Der Entwicklungsminister wollte ein deutsches Projekt im Gaza-Streifen besuchen. Dem ist nicht stattgegeben worden. Es ist klar, dass das nicht geheim bleibt."

Gudio Westerwelle (rechts) und Dirk Niebel während einer Afrikareise: Der Außenminister ist dem Entwicklungshilfeminister jetzt zur Seite gesprungen. (Foto: dpa)

Äußerungen, wonach es für Israel "fünf vor zwölf" sei, habe Niebel außerdem selbst "gerade gerückt". Die Kritik sei überzogen, sagte der FDP-Chef. "Ich bin der Meinung, dass gerade Dirk Niebel, der zugleich Vizepräsident der deutsch-israelischen Gesellschaft ist, keinerlei Unterstellungen ausgesetzt werden sollte", appellierte Westerwelle. Belastungen im Verhältnis zu Israel gebe es keine. "An der tiefen Freundschaft zwischen Deutschland und Israel gibt es keine Zweifel, weder in Israel noch in Deutschland", versicherte er. Diese Freundschaft wurzle nicht nur in der "Verantwortung aus der Vergangenheit", sondern in den "gemeinsamen Werten, durch die wir verbunden sind".

Die Diskussion über Niebels Gaza-Erlebnis dürfe in der deutschen Öffentlichkeit nicht den Blick für Fortschritte in der Gaza-Frage verstellen, mahnte Westerwelle. "Ich hoffe, dass nicht übersehen wird, welche innenpolitischen Schwierigkeiten sich die israelische Regierung auf die Schultern geladen hat, als sie sich jetzt richtigerweise entschieden hat, ihre Gaza-Politik zu verändern", sagte Westerwelle. In Israel war die Entscheidung, die Blockade Gazas zu lockern, auf erhebliche Vorbehalte der Opposition gestoßen. Sie sprach von einem Risiko für Israels Sicherheit.

Westerwelle betonte, dass mit der beschlossenen Lockerung noch nicht die von Deutschland unterstütze Forderung der UN und der EU nach einer Aufhebung der Blockade erfüllt sei. "Das ist ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung", sagte er. Es handele sich um einen "Politikwechsel", der aber noch umgesetzt werden müsse. "Hier gibt es noch einiges zu besprechen", mahnte Westerwelle. Es gehe um die Frage, welche Güter die Menschen tatsächlich erreichten. "Wir haben ein großes Interesse, dass die Menschen im Gaza-Streifen vernünftig versorgt werden. Das ist eine menschliche Aufgabe, aber es ist auch politisch notwendig", sagte er und fügte hinzu: "Wenn man der Hamas allein die Verteilung der Hilfsgüter überlässt, stärkt man sie." So habe die Abriegelung des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gebiets nur zu deren Stärkung geführt. Zugleich gebe es aber ein "berechtigtes Interesse" Israels, verdeckte Waffenlieferungen zu verhindern.

Nach der Lockerung der Gaza-Blockade müsse nun weiter am Ziel zweier Staaten für Israelis und Palästinenser gearbeitet werden, betonte Westerwelle. Dies sei der "einzig erfolgversprechende Weg, um zu Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu kommen". Deutschland werde weiter am Friedensprozess mitwirken.

© SZ vom 24.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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