Digitales Geld:Auf dem Weg zur Google-Währung

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Doch so faszinierend das Projekt Bitcoin auch sein mag, so sehr ist es zum Scheitern verurteilt.

(Foto: AFP)

Die digitale Währung Bitcoin ist zwar beliebt, wird sich aber nicht durchsetzen. Sie könnte dennoch Vorläufer für ein viel größeres Projekt werden - falls Apple oder Google mitmachen.

Von Ulrich Schäfer

In der Geschichte der Menschheit wurde schon vieles als Geld verwendet: Man bezahlte mit Steinen und Muscheln, mit Silber und mit Gold, mit Zigaretten und Papier. Warum sollte es also nicht auch möglich sein, mit einem komplizierten Zifferncode zu zahlen, ausgespuckt von einem Computerprogramm? Und warum sollte man nicht Euro oder Dollar durch eine digitale Währung namens Bitcoin ersetzen oder ergänzen können?

Diejenigen, die den Bitcoin erschaffen haben und mit ihm handeln, träumen von einer neuen, besseren Finanzwelt, in der das Geld nicht mehr von den staatlichen Notenbanken erschaffen und von den großen Banken verwaltet wird, sondern von den Nutzern des Internets. Dass die digitale Währung solch eine Faszination ausübt, hat viel mit der Finanzkrise zu tun. Seit Banken krachen und Währungen taumeln, ist bei vielen das Vertrauen in das bestehende Finanzsystem verschwunden. Dieses Misstrauen hat sich bereits Bahn gebrochen, als im Herbst 2011 Demonstranten wochenlang den Zuccotti-Park in New York besetzten und die Occupy-Bewegung entstand; und dieses Misstrauen bricht sich nun auch Bahn im Hype um Bitcoin.

Die Begeisterung für die digitale Währung hängt zudem eng mit der teils anarchischen Kultur des Internets zusammen. Das Netz gilt vielen Nutzern trotz NSA und Big Data immer noch als Gegenentwurf zu einer von Obrigkeiten beherrschten Gesellschaft - ein scheinbar freier Raum, in dem die Bürger wieder Macht erlangen.

Nicht mehr als ein Marketing-Gag

Doch so faszinierend das Projekt Bitcoin auch sein mag, so sehr ist es zum Scheitern verurteilt. Denn der Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt auch, dass ein bestimmter Stoff nur dann zu Geld werden kann, wenn sehr viele Menschen ihn als Zahlungsmittel akzeptieren und sein Wert möglichst stabil ist. Damit eine Währung stabil ist, sollte hinter ihr eine Instanz stehen, die ihren Wert garantiert - so wie in der heutigen Finanzwelt die Notenbanken.

All diese Voraussetzungen, die aus einem Zahlencode eine echte Währung machen könnten, sind beim Bitcoin nicht gegeben. Denn der größte Teil des digitalen Geldes befindet sich in der Hand von ein paar Dutzend Händlern, die dadurch binnen kurzer Zeit sehr reich geworden sind, während andere Bitcoin-Spekulanten ihr ganzes Vermögen verloren haben. Einzelne Unternehmen wie der Elektroautohersteller Tesla akzeptieren den Bitcoin zwar als Zahlungsmittel, doch das ist nicht mehr als ein Marketing-Gag. Auch zur Wertaufbewahrung, dem zweiten Zweck jeder Währung, taugt der Bitcoin nicht. Denn sein Börsenkurs schwankt genauso irre wie einst die Zockeraktien der New Economy.

Das liegt auch daran, dass hinter dem Bitcoin keine Institution steht, die dessen Wert sichert und, wenn es sein muss, wie eine Notenbank an den Devisenmärkten eingreift. Stattdessen wurde der Bitcoin von einem Unternehmen eingeführt, das bis dahin niemand kannte, und die Software wurde, so die Legende, von einem japanischen Programmierer geschrieben. Vielleicht ist es der Mann, den nun das amerikanische Magazin Newsweek ausfindig gemacht hat; vielleicht auch nicht. In jedem Fall aber wird auch diese Geschichte dazu beitragen, noch mehr Spekulanten anzulocken und den Wert des Bitcoin nach oben zu treiben, auf dass dessen Schöpfer noch reicher werden.

Und dennoch könnte der Bitcoin der Vorläufer zu etwas Größerem sein. Wenn nämlich statt einer kleinen Firma plötzlich eine große, weltweit angesehene Institution auf die Idee käme, eine Währung zu schaffen und auch noch verspräche, den Wert des von ihr geschaffenen Geldes zu garantieren, - dann könnte die digitale Weltwährung vielleicht doch funktionieren. Sie hieße dann aber nicht Bitcoin. Sondern Google-Coin. Oder Apple-Coin.

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