Dienstreisen:Dicke Spesen

Gut für die Karriere, schlecht für den Körper: Wer viel unterwegs ist, nimmt zu.

Von David Pfeifer

Wer viel auf Dienstreisen ist, kennt das Problem: Je nach Länge des Trips kehrt man mit ein bis zwei Kilo Übergepäck zurück, die leider bleiben, nachdem der Rollkoffer schon lange ausgepackt ist.

Das Journal of Occupational and Environmental Medicine hat untersucht, inwiefern sich Geschäftsreisen auf die körperliche Verfassung der vielfliegenden Leistungsträger auswirkt. Das unschöne Ergebnis: Wer 14 oder mehr Nächte pro Monat nicht in der eigenen Umgebung lebt, hat einen höheren Body-Mass-Index als ein Reisender, der nur bis zu sechs Nächte außer Haus schläft. Wer mehr als 21 Tage unterwegs ist, zeigt sogar deutliches Übergewicht, Bluthochdruck und schlechte Cholesterinwerte.

Klar, wer nicht im Hotel essen möchte, geht nicht unbedingt ins vegane Restaurant, sondern eher mal in die Pizzeria oder gleich in den Burger-Laden. Von Nüsschen und Chips aus der Minibar ganz zu schweigen. Geschäftsessen sind sowieso eine Sonderform der Folter für diejenigen, die auf ihre Ernährung achten wollen oder sollen. Geld kostet das alles ja auch, nicht immer werden die Kosten für gesunde und damit meist teure Ernährung von der Firma getragen.

Deutschland liegt, was Geschäftsreiseausgaben angeht, weltweit auf Platz drei, nach China und den USA. Die Kosten stiegen von knapp 50 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 58 Milliarden im Jahr 2016. Im gleichen Zeitraum legte die Anzahl der insgesamt für deutsche Firmen unternommenen Dienstreisen zu, von 175,8 Millionen auf 183,4 Millionen. So viel zum Thema Home-Office und Telekonferenz.

Neben dem Übergewicht arbeitete die Studie noch ein größeres Problem heraus: Geschäftsreisende leiden häufiger unter Schlafstörungen, Depressionen und Angstzuständen. Wer schon mal nachts aufgewacht ist und sich fragen musste, wo wohl der Lichtschalter ist, kennt das Problem innerer Heimatlosigkeit.

Business-Traveller brüsten sich gerne mit Upgrades, Senator-Karten und Vorzugsbehandlung beim Mietwagenverleih. Die Wahrheit ist häufig, dass man in einem Setzkastenhotel hockt, wenig vom Ort der Reise sieht und die Wahl hat, an die Hotelbar zu gehen oder aufs Laufband, um in die Unendlichkeit zu rennen, ohne von der Stelle zu kommen. Kein Wunder, dass die Reisenden häufiger zu Alkoholismus neigen und rauchen.

Aber gibt es nicht das Versprechen der digitalen Welt, dass man bald arbeiten kann, wann und von wo aus man will? Die Realität an deutschen Flughäfen sieht anders aus: Jeden Tag schleppt sich eine Armee von Rollkoffer-Zombies durch die Sicherheitskontrollen, belegt die Gepäckablagen und quetscht sich in Gangplätze. Nur um nach einem Flug, der zu kurz ist, um zu lesen, aber zu lange, um nicht auf dem Laptop herumzutippen, in einer anderen Stadt einen Termin wahrzunehmen, den man per Skype genauso hätte abhalten können ("ich komme dann wieder auf Sie zu").

Am Ende ist das alles natürlich auch nicht gut für die Arbeitgeber. Denn nur wer seine Leistungsträger fit hält, kann ihnen etwas abverlangen. Und fit bleiben sie, wenn man sie häufiger mal in Ruhe arbeiten lässt. Daheim.

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